Experte zur Italien-Wahl: EU muss sich auf schwierige Zeiten einstellen

Mainz - Nach dem Wahlsieg von Giorgia Meloni (45) und deren rechtsradikaler Partei Fratelli d'Italia muss sich die EU nach Meinung des Politikwissenschaftlers Kai Arzheimer (53) auf schwierige Zeiten einstellen.

Giorgia Meloni (45) und die Partei Fratelli d'Italia sind die großen Gewinner der Parlamentswahl in Italien 2022.
Giorgia Meloni (45) und die Partei Fratelli d'Italia sind die großen Gewinner der Parlamentswahl in Italien 2022.  © Gregorio Borgia/AP/dpa

"Es wird mit Sicherheit problematischer, weil Italien eine große Volkswirtschaft ist. Es wird eher wieder so schwierig wie zu den Regierungszeiten von Silvio Berlusconi", sagte der Experte der Johannes Gutenberg-Universität Mainz der Deutschen Presse-Agentur (dpa).

Die Fratelli d'Italia hatten sich bei der Wahl in Italien am Sonntag mit der rechtspopulistischen Lega und der konservativen Forza Italia die Mehrheit im Parlament gesichert.

Eine Regierung Meloni könnte striktere EU-Maßnahmen gegen Polen und Ungarn verhindern, sagte Arzheimer. "Und Italien würde noch weniger einer europäischen Verteilung von Flüchtlingen zustimmen."

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Mit dem Begriff Rechtsruck wäre er vorsichtig, sagte Arzheimer. "Es ist eher eine Verschiebung zwischen diesen drei rechten Parteien. Das Gewicht zwischen der Lega von Matteo Salvini und der Fratelli d'Italia hat sich verschoben. Das ist nicht undramatisch, aber auch nicht sehr neu. Meloni ist aber sicher Vertreterin einer Partei, die noch einmal härter auftritt als Berlusconi."

Zu Vorwürfen an Fratelli d'Italia, die Partei sei im Faschismus verwurzelt, sagte Arzheimer, Meloni versuche sicherlich, die Traditionalisten in der Partei und unter den Wählern nicht zu verprellen.

Wie stark sind die Fratelli d'Italia im Faschismus verwurzelt?

"Andererseits will sie den Bezug zur Vergangenheit nicht zu stark werden lassen, weil der Faschismus auch in Italien nicht mehrheitsfähig ist. Meloni versucht, für ein breiteres Publikum wählbar zu sein", führte der 53-Jährige aus.

Die möglicherweise erste Ministerpräsidentin in der Geschichte Italiens vertrete radikale Positionen, vor allem im Bereich der Zuwanderung.

"Im EU-Bereich hat sie aber schon deutlich Abstriche gemacht. So würde es in Italien ganz sicher keine Begeisterung auslösen, wenn sie etwa einen EU-Austritt anstreben würde", betonte der Politikwissenschaftler.

Titelfoto: Gregorio Borgia/AP/dpa

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