Sachsen-Anhalt will Vier-Tage-Woche an Schulen erproben

Magdeburg - Sachsen-Anhalts Bildungsministerium will an einem Dutzend Schulen ein Modell mit vier Präsenz-Unterrichtstagen pro Woche und einem Tag fürs Distanzlernen oder praktische Tage in Unternehmen erproben.

Sachsen-Anhalt will Modell mit vier Präsenz-Schultagen erproben. (Symbolbild)
Sachsen-Anhalt will Modell mit vier Präsenz-Schultagen erproben. (Symbolbild)  © Marcus Brandt/dpa

Grundlage sei ein Beschluss des Landtags, neue Modelle zur Unterrichtsorganisation an den Schulen zu erproben, erklärte ein Sprecher des Ministeriums in Magdeburg am Freitag. Die Schulen hätten sich auf eine entsprechende Ausschreibung hin gemeldet. Das Ministerium sieht das Modell aber nicht als Instrument gegen Lehrermangel. Zuvor hatten Spiegel Online und die Magdeburger Volksstimme berichtet. Nicht nur von Bildungsverbänden, auch vom Koalitionspartner SPD kam Kritik.

Konkret soll das 4-plus-1-Modell im neuen Schuljahr 2022/23 an zwölf Sekundar- und Gemeinschaftsschulen erprobt werden. Die Schülerinnen und Schüler sollen an vier Tagen in den Schulen unterrichtet werden. Mit dem fünften Tag soll dem Ministeriumssprecher zufolge relativ kreativ umgegangen werden. Digitales Lernen über Apps oder das Moodle-Portal seien ebenso möglich wie Besuche in Unternehmen und Praxislerntage.

Das Modellprojekt soll ein Schuljahr lang laufen und dann ausgewertet werden, hieß es. Insbesondere an Sekundarschulen fehlen viele Lehrkräfte, Unterrichtsausfall ist vielfach vorprogrammiert.

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Die SPD-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Katja Pähle (45), erklärte: "Dieser Vorschlag ist innerhalb der Koalition nicht abgestimmt. Die Bildungsministerin hat bislang nicht erläutert, welches Ziel sie damit verfolgt und wie die Grundlagen und Rahmenbedingungen aussehen sollen."

Es müsse in jedem Fall sichergestellt sein, dass sämtliche Inhalte des Lehrplans auch umgesetzt werden. Schüler dürften auf dem Weg zu ihren Abschlüssen keine Nachteile erleiden. Die Verantwortung liege bei Bildungsministerin Eva Feußner (59, CDU).

Sparmodell als "Bankrotterklärung des Landes Sachsen-Anhalt im Bildungsbereich"?

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger (67).
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger (67).  © Armin Weigel/dpa

Kritik gab es von Lehrerverbänden. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) erklärte am Freitag, das Modell stelle "eine Bankrotterklärung des Landes Sachsen-Anhalt im Bildungsbereich dar".

Der Landesvorsitzende Torsten Wahl kritisierte: "Hier wird eindeutig Lebens- und Lernzeit auf Kosten der Schülerinnen und Schüler vergeudet. Ein solcher Tag muss sehr gut in die Unterrichtsarbeit eingeplant, vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet werden. Ein Distanzlerntag bedeutet jedoch für die Lehrkräfte eine enorme zusätzliche Belastung."

Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger (67), erklärte: "Wir haben nicht nur den Verdacht, dass da ein Sparmodell schrittweise auf leisen Sohlen eingeführt werden soll, sondern dass dadurch auch die Unterrichtsausfallstatistik massiv geschönt werden soll."

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Distanzunterricht möge in der Oberstufe, wo Jugendliche selbstständiges Arbeiten gewohnt seien, zeitweise funktionieren. Jüngere Schülerinnen und Schüler bräuchten aber den Präsenzunterricht.

Besonders kritisch sieht der Lehrerverbandspräsident, dass der fünfte Tag flexibel gestaltet werden soll. "Das heißt, dass es gar nicht mehr auf die Fachstundentafel ankommt, sondern dass man da quasi machen kann, was man will." Meidinger befürchtet einen "dauerhaften Niveauverlust". Bisher verbindliche Lernziele würden noch weniger erreicht werden können.

Titelfoto: Marcus Brandt/dpa

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