"Nie volle Freiheit": So reagiert die Politik auf den deutschen Freedom Day
Berlin - Endlich ist es so weit! So es die Lage in den Krankenhäusern zulässt und die Corona-Mutanten das griechische Alphabet nicht noch weiter beanspruchen, fallen mit dem 20. März so gut wie alle Corona-Maßnahmen in Deutschland. Während sich die Bevölkerung darüber freut, werden in der Politik leicht nervöse Rufe nach Schutzmaßnahmen für einen etwaigen Rückfall lauter.

"Die aktuelle Lage erlaubt Lockerungen, aber keinen Leichtsinn. Eine Trendumkehr ist jederzeit möglich", resümierte Grünen-Gesundheitsexperte Janosch Dahmen (40) nach dem Treffen von Bund und Ländern. "Dem Virus ist unser Kalender egal." Man müsse den Ländern nun einen flexiblen Maßnahmenkatalog für eine mögliche Verschlechterung der Lage an die Hand geben.
Das sieht auch Markus Lewe (56, CDU) im Gespräch mit den Funke-Zeitungen so. Er ist seit mehr als zehn Jahren Oberbürgermeister von Münster und zugleich Präsident des Deutschen Städtetages. "Es muss jetzt schnell geklärt werden, dass der gesamte Instrumentenkasten auch nach dem 19. März zur Verfügung steht."
Die Instrumente für notwendige Schutzmaßnahmen aus der Hand zu geben sei unverantwortlich.
Rechtliche Grundlagen für Maßnahmen wie das Tragen von Masken, Testen und Hygieneregeln müssten zügig verlängert werden. "Die Impflücke ist noch zu groß, als dass wir unbeschwert die nächste Welle abwarten können."
Dass eine erneute Welle im Herbst über Deutschland schwappen wird, da ist sich Gesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) sicher. "Ich rechne fest mit einer neuen Welle", hatte er vor wenigen Tagen in der Süddeutschen betont.
Patientenschützer: "Für Gefährdete wird es nie volle Freiheit geben"

Deshalb lehnte er den oft verwendeten Begriff des Freedom Days, also des Tages der Freiheit, am Mittwochabend in der ARD ab. "Ich benutze diesen Begriff überhaupt nicht und finde auch nicht, dass er angemessen ist."
Auch künftig werde es noch Personen geben, die das Coronavirus gefährde - etwa ältere Menschen, bei denen die Impfungen nicht so gut wirkten. "Für diese Menschen wird es nie eine wirklich volle Freiheit geben."
Hier stimmt auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz Lauterbach indirekt zu. "Für staatliche Maßnahmen braucht es deshalb weiterhin eine wirksame gesetzliche Ermächtigung anstelle eines liberalen Aktionismus und dem Ausrufen eines Freedom Days."
Bund und Länder müssten weiter den Gesundheitsschutz für diejenigen gewährleisten, die sich nicht selbst schützen können.
"Das betrifft zwei Millionen ambulant und stationär versorgte Pflegebedürftige. [...] Aber auch die halbe Million Krankenhauspatienten dürfen nicht vergessen werden", so Vorsitzender Eugen Brysch zum RND.
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