Nur noch "Wohlfühltermine"? Angela Merkel äußert sich klar!
Berlin - Die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel (67, CDU) hat Einblicke gegeben, warum sie sich nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt nicht zu tagesaktuellen Themen äußern will.

"Ich bin Bundeskanzlerin a. D.", sagte Merkel am Dienstagabend in Berlin. Sie sei keine "ganz normale Bürgerin". Sie müsse noch vorsichtiger sein, zu aktuellen Dingen etwas zu sagen - ob nun das 9-Euro-Ticket gut sei oder nicht. Es sei nicht ihre Aufgabe, Ratschläge von der Seitenlinie zu geben.
Merkel erzählte, sie bekomme viele Einladungen, wolle aber nicht nur Termine abarbeiten. Wenn sie lese, sie mache nur noch "Wohlfühltermine", dann sage sie: "ja."
16 Jahre lang sei alles, was irgendwie von Relevanz gewesen sei, an ihrem Tisch vorbeigekommen. Sie habe sich nie um Verantwortung gedrückt. Sie habe gesagt, dass sie sich erst einmal erholen und Abstand gewinnen wolle.
Bei der vom Aufbau Verlag und dem Berliner Ensemble organisierten Veranstaltung bezog Merkel im Gespräch mit dem "Spiegel"-Reporter Alexander Osang (60) Stellung. Osang hat Merkel mehrfach porträtiert.
Merkel fragt sich zur Ukraine: Was hat man vielleicht versäumt?
Die "Zäsur" des russischen Kriegs gegen die Ukraine beschäftige aber auch sie sehr. Sie sei manchmal bedrückt. Merkel hat den Angriff auf die Ukraine auf dem Event zudem als "große Tragik" bezeichnet. "Was ich mich natürlich gefragt habe ist: Was hat man vielleicht versäumt?", sagte sie.
"Hätte man noch mehr tun können, um eine solche Tragik - ich halte diese Situation jetzt schon für eine große Tragik - hätte man das verhindern können. Und deshalb stellt man sich, stelle ich mir natürlich immer wieder diese Fragen."
Keine "Newcomer": Ex-Kanzlerin ist mit neuer Regierung zufrieden

Nach eigenen Worten hat die Ex-Kanzlerin "volles Vertrauen" in die neue Bundesregierung und ihren Amtsnachfolger Olaf Scholz (63, SPD). Der Regierungsübergang sei sehr gut gelaufen, sagte Merkel - ein halbes Jahr nach der Amtsübergabe an Scholz. Es seien Menschen am Werk, die keine "Newcomer" seien und die Gegebenheiten kennen würden.
Merkel war 16 Jahre lang Kanzlerin. Es sei für sie ganz klar, dass es der richtige Zeitpunkt gewesen sei, aufzuhören.
Auf die Frage, wie es ihr gehe, sagte Merkel, ihr persönlich gehe es sehr gut. Merkel erzählte von langen Wanderungen im Winter an der Ostsee, sie habe viele Podcasts gehört. Ihr sei nicht langweilig geworden, sie habe die Tage richtig gut rumbekommen.
Früher habe sie nur "Termine, Termine, Termine" gehabt. Sie komme mit ihrem neuen Lebensabschnitt sehr gut zurecht.
Titelfoto: dpa/Fabian Sommer