Lindner unter Korruptions-Verdacht: Verhindert sein Ministerium die Aufklärung?

Berlin - Steckt Christian Lindner (44, FDP) in Schwierigkeiten? Derzeit prüft die Berliner Staatsanwaltschaft die Aufhebung der parlamentarischen Immunität des Bundesfinanzministers. Wegen Vorteilsnahme droht ihm ein Strafverfahren.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (44, FDP): Zu viel Nähe zur BBBank?
Bundesfinanzminister Christian Lindner (44, FDP): Zu viel Nähe zur BBBank?  © Kay Nietfeld/dpa

Anlass für die Untersuchungen sind Lindners private Immobilienfinanzierung sowie sein Engagement für die BBBank.

Laut eines Berichts des Spiegel hatte der FDP-Politiker im Januar 2021 für 1,65 Millionen Euro ein Haus in Berlin gekauft. Die Villa im Stadtteil Nikolassee ließ er anschließend umfangreich umbauen. "Am Tag der Vertragsunterzeichnung trug er eine erste Grundschuld über 2,35 Millionen Euro für die BBBank ein", hieß es im "Spiegel".

Im Juni vergangenen Jahres kamen dann noch einmal 450.000 Euro hinzu. Damit lag die Differenz zwischen Kaufpreis und mutmaßlicher Darlehenssumme bei nunmehr 1,15 Millionen Euro. Selbst in Immobilienkreisen gelte das als ungewöhnlich hoch.

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Nun stellte sich die Frage, welche Beziehungen Lindner zu der Bank hatte. Denn fest steht, dass der 44-Jährige im Mai 2022 bei einer Feier der BBBank zu deren hundertjährigem Bestehen per Videobotschaft eine Lobrede auf dieselbe gehalten hatte.

Laut Redemanuskript sagte er darin unter anderem: "Die BBBank ist mir von Grund auf sympathisch." Knapp vier Wochen später wurde die zweite Grundschuld über knapp eine halbe Million Euro eingetragen, wieder zugunsten der BBBank.

Kam es zu einer Vermischung von dienstlichem Grußwort und Lindners privatem Kauf einer Millionen-Villa?

Dem Bundesfinanzminister droht ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme

Ob Villa oder Luxusauto, für Christian Lindner (40, FDP) kann es offenbar nicht teuer genug sein. Nach seiner kirchlichen Trauung mit Franca Lehfeldt (33) im Juli 2022 stiegen beide in einen geschmückten Porsche Targa.
Ob Villa oder Luxusauto, für Christian Lindner (40, FDP) kann es offenbar nicht teuer genug sein. Nach seiner kirchlichen Trauung mit Franca Lehfeldt (33) im Juli 2022 stiegen beide in einen geschmückten Porsche Targa.  © Axel Heimken/dpa

Für Margarete Bause (63), stellvertretende Vorsitzende von Transparency International Deutschland, hat das Ganze "zumindest ein Geschmäckle". Die Organisation forderte von Lindner, seine Beziehung zu der Bank zu erklären. Denn von ihr bekam er nicht nur die hohen Kredite gewährt, sondern hatte laut "Spiegel" auch noch "mindestens sieben gut dotierte Vorträge bei der Bank gehalten".

"Im Sinne der Transparenz sollte der Minister die Konditionen offenlegen", forderte auch Lorenz Gösta Beutin (44), stellvertretender Vorsitzender der Linken.

Noch merkwürdiger wurde die Angelegenheit nach einer Anfrage des Bundestagsabgeordneten Christian Görke (60, Die Linke), der wissen wollte, welche "Treffen, Telefonate, Videokonferenzen o. Ä." es zwischen Lindner und der Bank gegeben habe. In dessen Antwort fehlte dann die Videorede für das Geldinstitut, das ihm seinen Hauskauf finanzierte. Verschwieg der Minister dieses Detail?

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Christian Lindner Kommen weitere Entlastungen? Finanzminister Lindner äußert sich klar

Nun prüft also die Korruptionsabteilung der Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Aufhebung von Lindners Abgeordneten-Immunität, um förmlich ermitteln zu können, berichtet der Tagesspiegel. Weil er sich nach dem Grußwort bei derselben Bank einen weiteren Kredit habe geben lassen, drohe ihm jetzt ein Strafverfahren wegen Vorteilsannahme.

Dazu teilte Lindners Anwalt, Christian Schertz, mit: "Seine private Immobilienfinanzierung hat Herr Lindner lange vor der Übernahme seines Ministeramtes begonnen. Alle Konditionen waren stets marktüblich. Die Gewährung eines kurzen Grußworts zu Jubiläen wie dem hundertjährigen Bestehen einer Bank gehört zur regulären Amtsführung eines Ministers."

FDP-Vize Kubicki: Scharfe Kritik an Berliner Justiz

Lindners Parteifreund Wolfgang Kubicki (70) gehörte ebenfalls zu den Hochzeitsgästen. Hier wartete der Bundestagsvizepräsident an der Kirche St. Severin in Keitum auf Sylt, in der sich der Bundesfinanzminister und seine Frau das Ja-Wort gaben.
Lindners Parteifreund Wolfgang Kubicki (70) gehörte ebenfalls zu den Hochzeitsgästen. Hier wartete der Bundestagsvizepräsident an der Kirche St. Severin in Keitum auf Sylt, in der sich der Bundesfinanzminister und seine Frau das Ja-Wort gaben.  © Axel Heimken/dpa

Lindner selbst sehe die Vorfeldermittlungen "mit Gelassenheit", heißt es in einem weiteren Bericht vom Tagesspiegel. Sein Parteifreund Wolfgang Kubicki (70) kritisierte die Berliner Justiz scharf: "Berichte darüber, dass die Berliner Generalstaatsanwaltschaft die Aufhebung der Immunität von Christian Lindner prüfe, um dem Verdacht einer möglichen Vorteilsname nachzugehen, sind eine politische Charakterlosigkeit und eine erhebliche Persönlichkeitsrechtsverletzung sondergleichen, die personelle Konsequenzen nach sich ziehen muss", teilte der FDP-Vize mit.

Und legte nach: "Die Berliner Justizsenatorin sollte zurücktreten, mindestens aber die Generalstaatsanwältin entlassen." Angeblich sei es zu einer Persönlichkeitsverletzung Lindners gekommen. Kubicki geht offenbar davon aus, dass die Nachricht durchgestochen wurde - und nicht in die Öffentlichkeit gehöre.

Was allerdings falsch ist! Denn die zuständige Staatsanwaltschaft ist "ihrer Rechtspflicht nachgekommen, in transparenter Weise Recherche-Anfragen des Tagesspiegels zu beantworten", heißt es von der Zeitung.

Demgegenüber verweigere das Bundesfinanzministerium "seit Wochen Auskünfte zur nötigen Aufklärung des Sachverhalts" und schweige sich zu Details aus, die Lindner und die BBBank betreffen.

Zudem verweigere das Ministerium eine "angeforderte vollständige Übersicht darüber, für welche Banken oder sonstige privatwirtschaftliche Firmen Lindner seit Beginn seiner Amtszeit derartige Botschaften eingesprochen hat."

Nicht zuletzt fehle eine Antwort auf die Frage zum internen Umgang mit den Kenntnissen um Lindners Millionenkredit. Mindestens er selbst wusste davon. Doch wer noch? Gab es irgendwo einen Vermerk dazu, als die Videobotschaft in höchsten Tönen aufgezeichnet wurde?

Man kann sich nicht dem Eindruck entziehen, dass möglicherweise etwas verschwiegen werden sollte.

Titelfoto: Kay Nietfeld/dpa

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