Nach Flüchtlings-Kritik: Gegner gehen auf CDU-Chef Merz los und werfen ihm AfD-Taktik vor

Berlin - Diese Aussage hätte sich CDU-Chef Friedrich Merz (66) wohl dreimal überlegen sollen. Bei einem "Bild-TV"-Auftritt am Montagabend warf er den Ukraine-Flüchtlingen vor, "Sozialtourismus" zu betreiben. "Nach Deutschland, zurück in die Ukraine, nach Deutschland, zurück in die Ukraine." Eine größere Zahl von ihnen würde sich die Systeme hier so "zunutze machen". Ein gefundenes Fressen für seine politischen Gegner.

CDU-Chef Friedrich Merz (66) sieht am Dienstag einen wahren Shitstorm über sich hinwegziehen.
CDU-Chef Friedrich Merz (66) sieht am Dienstag einen wahren Shitstorm über sich hinwegziehen.  © Michael Kappeler/dpa

So warf die SPD im Deutschen Bundestag Merz beispielsweise die Verwendung von AfD-Taktiken vor. "Er will bewusst einen politischen Kulturkampf vom Zaun brechen und mit immer neuen Grenzverschiebungen den Diskurs nach rechts verschieben", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin Katja Mast (51). "Das kennen wir bislang nur von der AfD."

Der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr (45) bezeichnete die Merz-Aussage derweil als "absolut deplatziert". "Die Menschen aus der Ukraine kommen zu uns, weil sie vor Putins brutalem Krieg fliehen. Viele von ihnen haben alles verloren und bangen um ihre Angehörigen."

"Ich habe geflüchtete Frauen und Kinder getroffen, die teilweise unter Lebensgefahr zurück in die Ukraine fahren, um ihre Ehemänner oder Väter wiederzusehen. Dass ausgerechnet der Vorsitzende der Christdemokraten diesen Menschen Sozialtourismus unterstellt, kann ich nicht nachvollziehen."

Kritik auch von den Grünen, Relativierung von der CDU

Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang (28) stürzte sich auf Merz.
Auch Grünen-Chefin Ricarda Lang (28) stürzte sich auf Merz.  © Moritz Frankenberg/dpa

Auch vom letzten Ampel-Partner, den Grünen, bekam Friedrich Merz ordentlich eine auf den Deckel.

"Wie passt es eigentlich mit der viel beschworenen Solidarität der Union mit der Ukraine zusammen, dass Friedrich Merz im Kontext von Menschen, die vor diesem furchtbaren Angriffskrieg fliehen, von „Sozialtourismus“ spricht?", fragte sich Co-Chefin Ricarda Lang (28) schon in der Nacht auf Twitter.

Nach so viel Kritik versuchte der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (49, CDU), am Dienstagvormittag das zu retten, was noch zu retten war. So habe Merz seiner Meinung nach eine "sicherlich sehr zugespitzte Formulierung" verwendet, "um auf ein Problem hinzuweisen, dass hier möglicherweise besteht".

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Zugleich gestand Frei, "dass man den Begriff falsch verstehen kann".

Friedrich Merz entschuldigt sich für "Sozialtourismus"-Aussage

Auf Twitter entschuldigte sich Friedrich Merz inzwischen für seine Aussage. "Wenn meine Wortwahl als verletzend empfunden wird, dann bitte ich dafür in aller Form um Entschuldigung." Und weiter: "Ich bedaure die Verwendung des Wortes "Sozialtourismus". Das war eine unzutreffende Beschreibung eines in Einzelfällen zu beobachtenden Problems."

So gelte sein Hinweis "ausschließlich der mangelnden Registrierung der Flüchtlinge. Mir lag und liegt es fern, die Flüchtlinge aus der Ukraine, die mit einem harten Schicksal konfrontiert sind, zu kritisieren".

Titelfoto: Michael Kappeler/dpa

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