Mehr Transparenz im Cum-Ex-Skandal? Scholz-Aussagen sollen nicht mehr als Verschlusssache gelten

Berlin - Die Aussagen des Kanzlers Olaf Scholz (64, SPD, damals Finanzminister) zur sogenannten Cum-Ex-Affäre vom 1. Juli 2020 sollen nicht mehr als Verschlusssache gelten.

Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) konnte sich's bis jetzt in Ruhe angucken - nun wird er sich womöglich erklären müssen.
Kanzler Olaf Scholz (64, SPD) konnte sich's bis jetzt in Ruhe angucken - nun wird er sich womöglich erklären müssen.  © Kay Nietfeld/picture alliance/dpa

Einen entsprechenden Beschluss will der Finanzausschuss des Bundestags nach Angaben der drei Ampel-Fraktionen in seiner Sitzung an diesem Mittwoch treffen.

"Mehr Transparenz ist im öffentlichen Interesse", erklärten Vertreter der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP gegenüber der Deutschen Presse-Agentur.

Alle geschwärzten Stellen sollen aus dem Protokoll der Sitzung entfernt und die Einstufung als "vertraulich" aufgehoben werden.

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Veröffentlicht wird das Dokument damit zwar nicht, aber alle Bundestags-Abgeordneten sowie etwa Vertreter der Länder erhalten mit dieser "Entstufung" ohne besondere Einschränkungen Zugang und dürfen über den Inhalt reden.

Das war bisher nicht erlaubt.

Worum ging es bei den "Cum-Ex"-Geschäften?

Die Hamburger Warburg Bank war tief verwickelt in die Cum-Ex-Machenschaften - und gut vernetzt mit Bürgermeister Olaf Scholz.
Die Hamburger Warburg Bank war tief verwickelt in die Cum-Ex-Machenschaften - und gut vernetzt mit Bürgermeister Olaf Scholz.  © Axel Heimken/picture alliance/dpa

Bei "Cum-Ex"-Geschäften wurden Aktienpakete von mehreren Beteiligten rund um den Dividendenstichtag mit ("cum") und ohne ("ex") Anspruch auf Ausschüttung hin und her verschoben. In der Folge erstatteten Finanzämter Kapitalertragsteuern, die gar nicht gezahlt worden waren. Dem Staat entstand so ein Milliardenschaden.

Viel diskutiert ist dabei die Rolle der Hamburger Finanzverwaltung in den Jahren 2016 und 2017. Damals war der heutige Bundeskanzler Scholz Hamburger Bürgermeister. Ein Untersuchungsausschuss der Hansestadt soll klären, ob führende SPD-Politiker in Scholz' Zeit als Bürgermeister Einfluss auf die steuerliche Behandlung der dortigen Warburg Bank genommen haben.

Die Finanzverwaltung verzichtete Ende 2016 entgegen ursprünglicher Planung auf eine Rückforderung von 47 Millionen Euro gegen die Bank.

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Erst nach einem Gerichtsurteil hatte die Bank 2020 nach eigenen Angaben alle ausstehenden Steuerrückforderungen beglichen, versucht aber auf juristischem Weg weiter, das Geld zurückzubekommen.

Ampel-Sprecher verteidigen den Schritt

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Schrodi (45).
Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Schrodi (45).  © Christoph Soeder/picture alliance/dpa

Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Michael Schrodi (45), sieht den Schritt als Beitrag zur Versachlichung der Diskussion. Das Protokoll enthalte keine Überraschungen. "Falschen Behauptungen über vermeintlich geheime Zusagen und widersprüchliche Aussagen wird der Boden entzogen."

Sein Pendant in der Grünen-Fraktion, Katharina Beck (40), die auch stellvertretende Ausschuss-Vorsitzende ist, betonte: "Die Entstufung des Protokolls ist ein wichtiges Zeichen der parlamentarischen Demokratie."

Der finanzpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Markus Herbrand (51), erklärte, mit dem Schritt würden "sicher nicht alle offenen Fragen zu den Milliardenbetrügereien der Finanzwirtschaft beantwortet werden".

Er zeige aber den klaren Willen der Ampel zu Aufklärung und Transparenz. "Die Betrügereien müssen aufgeklärt und die persönlich Verantwortlichen bestraft werden."

Titelfoto: Kay Nietfeld/picture alliance/dpa, Axel Heimken/picture alliance/dpa

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