Schutzschirm über Europa: Deutschland startet großes Luftverteidigungs-Projekt

Brüssel - Deutschland hat mit mehr als einem Dutzend anderen Staaten ein Projekt zum Aufbau eines besseren europäischen Luftverteidigungssystems auf den Weg gebracht.

Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (57, SPD, vorne links) nimmt derzeit an einem Nato-Treffen in Brüssel teil.
Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (57, SPD, vorne links) nimmt derzeit an einem Nato-Treffen in Brüssel teil.  © Olivier Matthys/AP/dpa

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (57, SPD) unterzeichnete am Donnerstag am Rande eines Nato-Treffens in Brüssel mit Kolleginnen und Kollegen eine Erklärung zu der sogenannten European Sky Shield Initiative.

Diese soll helfen, bestehende Lücken im derzeitigen Nato-Schutzschirm für Europa zu schließen. Defizite gibt dort beispielsweise im Bereich ballistischer Raketen, die auf ihrer Flugbahn große Höhen erreichen, aber auch bei der Abwehr von Drohnen und Marschflugkörpern.

Hintergrund der deutschen Initiative ist vor allem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Er hat die Sicherheitslage in Europa nach Einschätzung der Nato fundamental verändert und macht deswegen zusätzliche Anstrengungen bei der Luftverteidigung notwendig. Bislang war die Raketenabwehr in Europa vor allem auf mögliche Bedrohungen aus dem Iran ausgerichtet.

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Über die European Skyshield Initiative sollen nun unter anderem gemeinsam neue Waffensysteme eingekauft werden, die dann zusammen möglichst günstig ein großes Gebiet abdecken.

Neben Deutschland machen noch 14 weitere Staaten bei dem Projekt mit

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) warb bereits für die Initiative für ein verbessertes Luftverteidigungssystem für Europa.
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) warb bereits für die Initiative für ein verbessertes Luftverteidigungssystem für Europa.  © Carsten Koall/dpa

"Damit kommen wir in unserer gemeinsamen Verantwortung für die Sicherheit auf unserem Kontinent einzustehen, gemeinsam nach", sagte Lambrecht am Donnerstag zum Start des Projekts. Es gehe darum, "politische, finanzielle und auch technologische Synergieeffekte zu erzielen".

Beteiligt sind nach Angaben der SPD-Politikerin bislang neben Deutschland noch 14 andere Staaten.

Zur Unterzeichnungszeremonie am Donnerstagmorgen kamen Vertreter aus Großbritannien, der Slowakei, Norwegen, Lettland, Ungarn, Bulgarien, Belgien, Tschechien, Finnland, Litauen, den Niederlande, Rumänien und Slowenien. Zudem will nach Angaben von Diplomaten auch Estland mitmachen.

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Die Pläne für die neue Initiative hatte Ende August Bundeskanzler Olaf Scholz (64, SPD) angekündigt. Er sprach dabei von einem "Sicherheitsgewinn für ganz Europa" und argumentierte, eine europäische Luftverteidigung sei kostengünstiger und leistungsfähiger, als wenn jeder seine eigene, teure und komplexe Luftverteidigung aufbaue.

Bei der Luftabwehr hat die Bundeswehr eine "Fähigkeitslücke"

Die deutsche Bundeswehr hat gerade im Bereich Luftabwehr einigen Nachbesserungsbedarf.
Die deutsche Bundeswehr hat gerade im Bereich Luftabwehr einigen Nachbesserungsbedarf.  © Carsten Rehder/dpa

Derzeit hat Deutschland für den näheren Bereich und die Bekämpfung von Flugzeugen und Hubschraubern die Luftabwehrrakete Stinger im Einsatz, die für einen Abschuss von der Schulter aus auch in die Ukraine abgegeben wurde. Auf die mittlere Distanz wirkt das größere Patriot-System.

Deutschland verfügt noch über zwölf Abschussanlagen - was aber bei weitem nicht für den Schutz des gesamten Landes reicht. Bei der Abwehr ballistischer Raketen, die auf ihrer Flugbahn große Höhen erreichen, wird der Bundeswehr sogar eine "Fähigkeitslücke" bescheinigt.

Als nun wahrscheinliche Option gilt bei der Bundeswehr unter anderem die Anschaffung des israelischen Systems Arrow 3. Dieses bildet die höchste Stufe von Israels mehrstufiger Raketenabwehr und kann angreifende Waffensysteme bis über 100 Kilometer Höhe außerhalb der Atmosphäre im beginnenden Weltraum zerstören.

Damit vergrößert sich auch die am Boden geschützte Fläche und Sprengköpfe werden weit vom Ziel zerstört. Zudem ist der Kauf weiterer Patriot- und Iris-T-Systeme im Gespräch.

Titelfoto: Carsten Rehder/dpa

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