Putin dreht Gashähne in erste EU-Länder zu: Droht auch Deutschland ein Lieferstopp?
Moskau/Warschau - Der Kremlchef macht also Ernst: Am Dienstagabend verkündete die polnische Regierung, das Land bekomme ab Mittwoch kein russisches Gas mehr. Auch in Bulgarien sind gleichzeitig die Gashähne geschlossen worden. Der Grund: Die EU-Länder weigern sich, den Energie-Giganten Gazprom - wie von Wladimir Putin (69) gefordert - in Rubel zu bezahlen. Genau wie Deutschland. Droht jetzt auch bei uns ein Liefer-Boykott?

Nach dem tatsächlichen Aussetzen der russischen Gaslieferungen an Polen und Bulgarien hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (63) Moskau Erpressung vorgeworfen. Aber: Die EU sei auf dieses Szenario mit Notfallplänen vorbereitet und werde eine "abgestimmte Antwort geben".
Auch Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki (53) bezeichnete den Lieferstopp als "direkten Angriff" auf sein Land. Allerdings habe Warschau genug Gasvorräte, die Speicher seien zu 76 Prozent gefüllt. Die Energieversorgung sei damit gesichert, versicherte der Premier. Ende des Jahres wäre ohnehin Schluss mit russischem Gas gewesen, die Verträge sind bereits gekündigt.
Auch in Bulgarien, das bislang fast komplett von russischem Erdgas abhängt, drohen vorerst keine Engpässe. Schritte zur alternativen Gasversorgung seien unternommen, so die Regierung in Sofia.
Nachbar Griechenland sagte zudem Hilfe zu: Der für Juni geplante Anschluss an das griechische Gasnetz (bezieht Gas aus Aserbaidschan) soll zeitiger erfolgen, versprach Griechen-Premier Kyriakos Mitsotakis (54).
So steht es derzeit um die Gasversorgung in Deutschland

Und in Deutschland? Obwohl die Gasstände wieder steigen, sind die Speicher aktuell nur zu einem Drittel gefüllt. Die polnischen Regierung versicherte jedoch, dass nach Deutschland derzeit weiter Gas über Nord Stream 1 fließe.
Die Versorgungssicherheit sei nach wie vor gewährleistet, bestätigte auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (52, Grüne). Die gute Nachricht: Deutschland beziehe mittlerweile nur noch 35 Prozent seiner Gas-Lieferung aus Russland, 2021 waren es noch 55 Prozent, so Habeck.
FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff (55) rechnet jedoch in Zukunft auch mit so einem Lieferstopp für die Bundesrepublik. "Sobald wir uns dem Punkt nähern, an dem wir von russischen Lieferungen unabhängig sind, muss man mit solchen politischen Gesten rechnen."
Er fügte hinzu: "Wir sollten uns aber davon nicht einschüchtern oder gar nervös machen lassen. Wir sind sowieso auf dem Weg, uns von diesen Lieferungen zu verabschieden."
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