Krieg, Dürre und Klimawandel: Ist Syrien noch zu retten?

Damaskus - Die einst dicht bewachsenen Felder des Bauern Mussa Fatimi in Umm Hadschra, einem Dorf im Nordosten Syriens, sind staubig und verdorrt. Früher konnte Fatimi mit der Ernte seine gesamte Familie ernähren, heute grasen Tiere auf dem trockenen Grund. Es ist nur eines von vielen Beispielen in dem gebeutelten Land.

Muslimische Frauen gehen an der umstrittenen Grenze zwischen Israel und Syrien auf dem Berg Bental entlang.
Muslimische Frauen gehen an der umstrittenen Grenze zwischen Israel und Syrien auf dem Berg Bental entlang.  © JALAA MAREY / AFP

Krieg und Klimakrise haben Syrien abhängig gemacht von russischen Getreideimporten - angesichts des Ukraine-Kriegs wächst nun die Furcht vor einem Ende der Einfuhren und dem Ausbruch einer Hungersnot.

"Schon im zweiten Jahr in Folge haben wir eine Dürre", sagt der 85-Jährige der Nachrichtenagentur AFP, während er über seine Felder blickt. "Die Ernte reicht nicht einmal aus, um unseren eigenen Bedarf an Brot zu decken."

Syrien gehört zu den am meisten vom Klimawandel bedrohten Ländern - gleichzeitig ist das Land nur schlecht auf die Folgen der Klimaveränderung vorbereitet.

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Besonders offensichtlich ist die Bedrohung im Nordosten des Landes: Der einstmals fruchtbare Boden ist ausgetrocknet, auch in Nachbarländern wie dem Irak sind die Folgen des Klimawandels zu spüren.

Früher stauten sich die Lastwagen, um Fatimis Getreide zur Weiterverarbeitung abzutransportieren. Doch nun bezieht Fatimi den Großteil seines Einkommens von Tierhaltern, denen er seine Getreidefelder als Weidefläche zur Verfügung stellt. "Es tut mir weh, wenn ich sehe, wie die Schafe auf den Feldern grasen", sagt er.

Krieg und Klimawandel bedrohen Getreideernte in Syrien

Kämpfer der Syrischen Nationalarmee, die an einer Militärparade teilnehmen, zeigen von einem Auto aus das Siegeszeichen.
Kämpfer der Syrischen Nationalarmee, die an einer Militärparade teilnehmen, zeigen von einem Auto aus das Siegeszeichen.  © Anas Alkharboutli/dpa

Vor dem Krieg produzierten syrische Landwirte im Schnitt 4,1 Millionen Tonnen Getreide im Jahr. Doch der Bürgerkrieg, der im Jahr 2011 begann, hinterließ über eine halbe Million Tote, mehrere Millionen Menschen flüchteten - und die Getreideernte fiel auf ein historisches Tief.

Laut den Vereinten Nationen wurden in der nordöstlichen Provinz Hasaka im Wirtschaftsjahr 2020/2021 noch 210.000 Tonnen Getreide produziert - lediglich 26 Prozent der Ernte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Um die Bevölkerung zu ernähren, verließ sich Syrien zuletzt vor allem auf seinen Verbündeten Russland: Immer mehr Getreide wurde von dort importiert, noch kommen die Lieferungen trotz des Ukraine-Kriegs. Doch je länger der Konflikt andauert, desto größer wird die Angst vor einem Ende der Getreideimporte und dem Ausbruch einer Hungersnot.

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Schon heute gelten laut den Vereinten Nationen 60 Prozent der syrischen Bevölkerung als vom Hunger bedroht, die Situation dürfte sich auch in den kommenden Jahren nicht verbessern.

Der Nordosten des Landes ist heute im Schnitt 0,8 Grad heißer als vor hundert Jahren, wie die Organisation iMMAP in einem Bericht im April mitteilte. Bis 2050 könnten die Durchschnittstemperaturen demnach zwei Grad höher liegen, die Niederschlagsmenge um elf Prozent absinken.

In Umm Hadschra läuft Fatimi über eines seiner Getreidefelder, die Schafe grasen unter einem wolkenlosen Himmel. "Es ist nur noch Stroh", sagt Fatimi und zieht einen trockenen Halm aus dem Boden. "Getreidekörner stecken darin keine mehr".

Titelfoto: Anas Alkharboutli/dpa

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