Mordrohungen per Post: Mutmaßliche Linksterroristen bei Razzia geschnappt
Stuttgart/Berlin - Seit den frühen Morgenstunden laufen bundesweit Durchsuchungen in Berlin und Stuttgart. Die Razzia steht im Zusammenhang mit mutmaßlich linksterroristischen Drohbriefen.

Wie die Stuttgarter Staatsanwaltschaft und das baden-württembergische Landeskriminalamt mitteilen, werden seit 6 Uhr insgesamt fünf Objekte in Berlin und Stuttgart durchsucht.
"Bei der Durchsuchung wurden Haftbefehle gegen eine 39-jährige Frau und einen 38-jährigen Mann vollstreckt", heißt es von Ermittlerseite.
Den beiden wird vorgeworfen, seit Dezember 2019 in insgesamt fünf Wellen Drohbriefe an mehrere Empfänger verschickt zu haben. "Die Taten stehen im Zusammenhang mit einer bundesweiten Serie von an Politiker, Behörden, Ministerien und Verkehrsverbünde gerichtete Drohschreiben sowie einer versuchten Brandstiftung und einer Verabredung dazu."
In ihren Schreiben forderten die nun Festgenommenen die Empfänger unter Androhung von Gewalt insbesondere auf, Missstände in ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen zu beseitigen und politische Maßnahmen auf die Bedürfnisse der Bevölkerung, statt auf Wirtschaftslobbyisten, zu fokussieren.
"MIEZE" übersandte Drohbriefe mit Patronen

"Zur Untermauerung der Forderungen waren den Schreiben Platzpatronen, Streichhölzer, Grillanzünder oder auch Messer beigelegt", ist weiter zu lesen.
Dem Pärchen wird zudem vorgeworfen, im August 2020 einen Brandanschlag auf ein Gebäude der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg begangen zu haben.
"Eine erhebliche Brandwirkung wurde nur durch den glücklichen Umstand verhindert, dass der verwendete Brandsatz nicht so zündete, wie von den Tätern beabsichtigt", heißt es weiter.
Außerdem sollen die zwei im August 2020 im Bereich des Privatanwesens eines Unternehmers in Rheda-Wiedenbrück (Nordrhein-Westfalen) einen Brandsatz abgelegt, diesen jedoch nicht gezündet haben.
"Die Beschuldigten unterzeichneten die Drohschreiben sowie die im Nachgang zu den Taten bekannt gewordenen Bekennerschreiben mit 'MIlitantE ZellE (MIEZE) - vereint im Kollektiv der Revolutionären Aktionszellen (RAZ)'."
Den Maßnahmen des LKA waren monatelange, intensive Ermittlungen in Zusammenarbeit mit dem Polizeipräsidium Mittelfranken (Bayern), dem Landeskriminalamt Berlin sowie dem Polizeipräsidium Bielefeld (Nordrhein-Westfalen) vorausgegangen.
Wie berichtet, hatten etwa die FDP-Bundestagsabgeordnete Judith Skudelny (45), der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (68, CDU) und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (64, CSU) Drohbriefe mit jeweils einer beigelegten Patrone erhalten - eine unverhohlene Morddrohung!
Im Falle Skudelnys beriefen sich die Verfasser auf den linken RAF-Terroristen Holger Meins: "Unser verstorbener Genosse Holger Meins hat bereits vor vielen Jahrzehnten vor seiner Ermordung erkannt: 'Entweder Du bist Lösung oder Problem! Dazwischen gibt es nichts!'" Meins war 1974 im Gefängnis gestorben.
Titelfoto: Jens Büttner/dpa-Zentralbild/dpa