Umstrittene Wahlrechtsreform passiert das Parlament: Bundestag verordnet sich Schrumpfkur
Berlin - Nach jahrelangem Hin und Her hat sich der Bundestag am Freitag selbst eine Schrumpfkur verordnet. Mit einfacher Mehrheit stimmte das Parlament für die Wahlrechtsreform der Ampel-Parteien, welche die Anzahl der Abgeordneten künftig auf 630 begrenzen soll. Bei Union und Linken kam das gar nicht gut an. Sie sehen sich massiv benachteiligt.

Die Reform ziele doch nur darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und "das Existenzrecht der CSU" infrage zu stellen, schimpfte deren Landesgruppenchef Alexander Dobrindt (52).
"Sie machen hier eine Reform für sich selbst", um den "Machtanspruch der Ampel" zu zementieren.
Machtanspruch der Ampel? Gegen Linke und CSU? Die Wahlrechtsreform sieht unter anderem vor, die sogenannte Grundmandatsklausel zu streichen. Erreicht eine Partei nicht die erforderlichen fünf Prozent der Zweitstimmen, konnte sie bisher immer noch mit mindestens drei gewonnenen Direktmandaten ins Parlament einziehen.
Das rettete 2021 die Linke und könnte künftig auch nützlich für die CSU sein, die bei der vergangenen Bundestagswahl mit Ach und Krach auf 5,2 Prozent der Stimmen kam.
Linke und Union wollen klagen

Die Reform sei "der größte Anschlag auf das Wahlrecht als Grundpfeiler der Demokratie seit Jahrzehnten", schimpft deshalb auch Jan Korte (45), parlamentarischer Geschäftsführer der Linken. Seine Partei und die CSU sollen "politisch eliminiert" werden.
Das Ganze sei "vergleichbar mit den Tricksereien der Trump-Republikaner". "Wir werden uns in Karlsruhe sehen", so Korte weiter.
Dort will auch die Union hin. So möchte Fraktions-Chef Friedrich Merz (67, CDU) die Wahlrechtsreform per sogenannter Normenkontrollklage zu Fall bringen (Gericht prüft die Vereinbarkeit eines neuen Gesetzes mit dem Grundgesetz).
Einen entsprechenden Vorschlag werde er seiner Fraktion unterbreiten. Über das erforderliche Viertel der Stimmen im Bundestag verfüge seine Fraktion. "Und ich gehe auch davon aus, dass sich alle Kollegen und Kolleginnen diesem Antrag anschließen."
"Diese Wahlrechtsmanipulation darf keine Anwendung bei einer Bundestagswahl finden", so Dobrindt. Deshalb werde auch der Freistaat Bayern eine Klage beim Bundesverfassungsgericht einreichen.
Titelfoto: Michael Kappeler/dpa