BR-Intendantin: Regeln für Medien keine Privatsache von Milliardären

München - Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks (BR), Katja Wildermuth (57), sieht unzureichend geregelte Medienplattformen als Gefahr für die Demokratie. Mit Blick auf die Übernahme des Netzwerkes Twitter durch den Milliardär Elon Musk (51) sagte Wildermuth am Sonntag, es könne nicht allein einer Entscheidung von privaten Unternehmen überlassen werden, wie die Medienordnung praktisch ausgestaltet ist.

Für 44 Milliarden Dollar hat der Milliardär Elon Musk (51) den Kurznachrichten-Dienst Twitter gekauft – und damit für viele Diskussionen gesorgt.
Für 44 Milliarden Dollar hat der Milliardär Elon Musk (51) den Kurznachrichten-Dienst Twitter gekauft – und damit für viele Diskussionen gesorgt.  © Evan Agostini/Invision via AP/dpa

"Es ist vielmehr Aufgabe des demokratischen Staates, grundlegende Entscheidungen über die Ausgestaltung unserer Kommunikationsräume – auch im Digitalen – zu treffen, nicht die einzelner Milliardäre", sagte Wildermuth laut Redetext bei der Reihe "Kanzelrede" der Evangelischen Akademie Tutzing.

"Wenn Elon Musk – und offenbar sogar einflussreiche Verlagschefs hierzulande – der Ansicht sind, man könne der Demokratie einen Dienst erweisen, wenn man auf Twitter ungefiltert Meinungen, Fakten, Lügen, Hass und aufrechte Ansichten aufeinanderprallen lässt, so widerspricht das allen historischen Erfahrungen, die wir gerade in Deutschland gemacht haben."

Tech-Unternehmer Musk hatte vor gut einer Woche den 44 Milliarden Dollar teuren Kauf des Social-Media-Netzwerkes Twitter abgeschlossen. Er hat dort nun ganz allein das Sagen.

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Wildermuth sagte laut Redetext: "Wir brauchen weiterhin kraftvolle Qualitätsmedien, Printangebote, öffentlich-rechtliche wie private Sender, die Standards hochhalten, Fairness gewährleisten, verantwortungsbewusst mit ihren Informationen umgehen."

Gerade auch Konflikte, das Aufeinandertreffen unterschiedlicher Meinungen und Analysen sollten in den Qualitätsmedien ihren Platz finden. Das müsse aber auf einer gemeinsamen Basis von unangreifbaren Fakten geschehen.

Kritik an öffentlich-rechtlichen Sender unstrittig

Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Katja Wildermuth (57), sieht die Twitter-Übergabe in die Hände einer reichen Einzelperson kritisch.
Die Intendantin des Bayerischen Rundfunks, Katja Wildermuth (57), sieht die Twitter-Übergabe in die Hände einer reichen Einzelperson kritisch.  © Sven Hoppe/dpa

Angesichts der Debatte um die öffentlich-rechtlichen Sender und Vorwürfe von Missständen räumte die BR-Intendantin ein: Es sei unstrittig, dass wirkliche institutionelle Verfehlungen transparent aufzudecken und zu beseitigen seien.

"Hier gibt es, da muss man nicht herumreden, durchaus berechtigte Kritik, manches aufgrund persönlicher Verfehlungen Einzelner, manches aufgrund historisch gewachsener Unwuchten und Gepflogenheiten."

Akademiedirektor Udo Hahn (60) betonte, eine stabile Demokratie sei auch einem unabhängigen Qualitätsjournalismus und dem Nebeneinander von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk zu verdanken.

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"Wo öffentlich-rechtliche Systeme angegriffen oder marginalisiert werden, lässt sich klar zeigen, dass Demokratie und gesellschaftlicher Zusammenhalt gefährdet sind: etwa in den USA, in Ungarn und in Polen."

Hahn hielt laut Redetext den Rundfunkräten als Aufsichtsgremien für die öffentlich-rechtlichen Sender vor, in der Debatte um die Zukunft des Systems praktisch nicht in Erscheinung zu treten. Im Rundfunkrat sind unter anderem gesellschaftliche Gruppen und Institutionen vertreten – auch die Kirchen.

"Es ist höchste Zeit, dass sie im Diskurs um den Auftrag und die künftige Ausgestaltung des Modells öffentlich-rechtlicher Rundfunk sichtbar werden", forderte Hahn.

Titelfoto: Montage: Sven Hoppe/dpa + Evan Agostini/Invision via AP/dpa

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