Zugunglück von Garmisch mit fünf Toten: Bahn ohne Fahrplan - Kritik an Verzögerung!

München - Knapp zwei Monate nach dem schrecklichen Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen mit fünf Toten ist noch unklar, wann auf der Strecke wieder Züge rollen. Auch zur Schadenshöhe äußerte sich die Deutsche Bahn bisher nicht.

Beim Unglück von Garmisch-Partenkirchen starben vier Frauen und ein 13 Jahre alter Jugendlicher. Weitere 16 Menschen wurden schwer verletzt.
Beim Unglück von Garmisch-Partenkirchen starben vier Frauen und ein 13 Jahre alter Jugendlicher. Weitere 16 Menschen wurden schwer verletzt.  © Uwe Lein/dpa

Es gebe keine Informationen über das Mitgeteilte hinaus, erläuterte die Bahn mehrfach auf Anfrage.

Experten kritisieren die Verzögerungen. "Wenn diese Baustelle Priorität hätte, wäre das binnen weniger Wochen fertig", sagte der Professor für das Fachgebiet Schienenfahrzeuge an der TU Berlin, Markus Hecht, der Deutschen Presse-Agentur.

Er hatte kurz nach dem Unfall Gleisverwerfungen als mögliche Ursache ins Spiel gebracht.

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Selbst nach dem Unglück von Eschede sei nach kurzer Zeit wieder gefahren worden, sagte Hecht. Die Bahn muss in dem Garmischer Fall allerdings rund 700 Meter Schienen sowie darüber hinaus entsprechend auch 500 Schwellen erneuern.

Die Erneuerung der jeweiligen Schwellen sei aufwendig, räumte Hecht allerdings hierzu ein. "Es ist wie ein Gleisneubau und benötigt einige Tage." Die Bahn habe zu viele Baustellen - und zu viele Langsamfahrstellen. Das koste Zeit und damit Geld.

Es beeinträchtige den Bahnverkehr in Deutschland gerade bei der hohen Nachfrage wegen des Neun-Euro-Tickets und der Urlaubszeit. "Es ist ein Riesenschwachpunkt, dass man überhaupt Langsamfahrstellen braucht und damit die Kapazität reduziert - und damit zur Überfüllung der Züge beiträgt", führte der Professor zur Problematik weiter aus.

Schwachstellen im Streckennetz der Deutschen Bahn frühzeitig erkennen: Sensoren als Lösung?

Der Zug war am 3. Juni dieses Jahr in Bayern entgleist.
Der Zug war am 3. Juni dieses Jahr in Bayern entgleist.  © Angelika Warmuth/dpa

Ähnlich äußerte sich Thomas Strang, Experte für Kommunikation und Navigation am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Priorisiere man eine Baustelle, gehe es anderswo langsamer voran.

Er kritisierte die Informationspolitik der Bahn. "Die Öffentlichkeit hat ein berechtigtes Interesse, informiert zu werden, auch über Zwischenstände."

Strang und Hecht verwiesen auf eine EU-Regel, nach der binnen eines Jahres der Abschlussbericht der Bundeseisenbahnuntersuchungsstelle zu einem Unfallhergang entsprechend vorliegen muss.

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Der Sanierungsstau aus Jahrzehnten lasse sich nicht kurzfristig beheben, sagte Strang. Er sprach sich deshalb für Messtechnik an normalen Zügen aus.

Mit preiswerten Sensoren könnten bei regulären Fahrten permanent mögliche Schwachstellen frühzeitig erkannt werden.

Hecht brachte Sensoren ins Spiel, wenn es nach einer Wiederaufnahme des Zugverkehrs noch Unklarheit über den Unfallhergang von Gleisseite gebe und man sichergehen wolle. Sensoren könnten Veränderungen am Gleis frühzeitig anzeigen und so Unfälle verhindern helfen. "Man kann mit der Unsicherheit leben, wenn man das messtechnisch überwacht."

Dass der Zug am 3. Juni entgleiste, sei nicht ein aktueller Vorgang gewesen, sondern habe sich länger angebahnt.

Staatsanwaltschaft München II ermittelt nach tödlichem Zugunglück von Garmisch-Partenkirchen

Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt nach dem folgenschweren Unglück gegen vier Mitarbeiter der Deutschen Bahn wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Unter anderem sind zwei Fahrdienstleiter im Visier der Ermittler.

Beim Unglück starben vier Frauen und ein 13 Jahre alter Jugendlicher. Weitere 16 Menschen wurden schwer verletzt.

Titelfoto: Uwe Lein/dpa

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