Nach Rangeleien mit Dorfbesetzern: Polizei treibt Räumung von Lützerath voran!

Lützerath - Die Polizei hat am Dienstag ihre Vorbereitungen für eine Räumung des Dorfes Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier fortgesetzt. Klimaaktivistin Luisa Neubauer (26) kritisierte die Grünen scharf für ihr Mitwirken.

Seit Montag bereiten die Polizei und RWE die Räumung der Tagebau-Ortschaft Lützerath vor, die von Aktivsten besetzt ist.
Seit Montag bereiten die Polizei und RWE die Räumung der Tagebau-Ortschaft Lützerath vor, die von Aktivsten besetzt ist.  © Oliver Berg/dpa

Flächen rund um das Dorf würden für die Logistik des für Mitte des Monats geplanten Großeinsatzes erschlossen, sagte ein Polizeisprecher. Bisher habe es dabei keine Zwischenfälle gegeben. Die Nacht sei sehr ruhig gewesen.

Am Montag war es zu kleineren Rangeleien zwischen Polizisten und Klimaaktivisten gekommen. Die Aktivisten warfen Böller und Steine, und es gab Handgemenge.

Lützerath in der Nähe von Erkelenz im Kreis Heinsberg soll zur Kohlegewinnung abgebaggert werden. Gebäude und Grundstücke gehören dem Energiekonzern RWE.

Polizei setzt auf Spezialisten, um Protz-Karren am "Car-Freitag" auf links zu drehen!
Nordrhein-Westfalen Polizei setzt auf Spezialisten, um Protz-Karren am "Car-Freitag" auf links zu drehen!

"Die Inanspruchnahme der ehemaligen Siedlung in diesem Winter ist notwendig, um inmitten der Energiekrise eine sichere Versorgung der Kraftwerke zu gewährleisten", sagt RWE.

Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens sei durch die Gerichte abschließend bestätigt.

Die Aktivisten, die in den verlassenen Gehöften in Lützerath eingezogen sind, vertreten dagegen die Überzeugung, dass jedes weitere Verbrennen von Kohle das "Überleben auf diesem Planeten" gefährde. Darum werde man der Abbaggerung Lützeraths nicht tatenlos zusehen.

Luisa Neubauer greift Grüne an

Luisa Neubauer (26) macht seit Monaten auf das Dörfchen Lützerath und die damit einhergehenden Probleme aufmerksam.
Luisa Neubauer (26) macht seit Monaten auf das Dörfchen Lützerath und die damit einhergehenden Probleme aufmerksam.  © Jessica Lichetzki/dpa

Auch Klimaaktivistin Luisa Neubauer (26) meldete sich zu Wort kritisierte die Grünen wegen der von ihnen mitgetragenen Entscheidung zur Räumung des Dorfes Lützerath scharf.

"Die Grünen machen damit einen großen Fehler", schrieb sie am Dienstag auf Twitter. Sie warf den Grünen eine "kalkulierte Unterwanderung der Pariser Klimaziele" vor. Sie unterstützten sogar die "unterirdische Erzählung", dass die Klimabewegung in Lützerath den gesellschaftlichen Frieden gefährde.

Die grüne Wirtschafts- und Klimaschutzministerin Mona Neubaur verteidigt die beschlossene Abbaggerung von Lützerath damit, dass dafür der Kohleausstieg um acht Jahre von 2038 auf 2030 vorgezogen worden sei und fünf andere Dörfer im Rheinischen Braunkohlerevier vor der Zerstörung bewahrt würden.

Menschen gedenken Todesopfer nach Brand in Solingen - mehr als 150 Teilnehmer
Nordrhein-Westfalen Menschen gedenken Todesopfer nach Brand in Solingen - mehr als 150 Teilnehmer

Neubauer hielt den Grünen jedoch vor, die unter Lützerath liegende Kohle werde in Wahrheit gar nicht benötigt.

Die Grünen seien hier falschen Zahlen des "notorisch unglaubwürdigen Kohlekonzerns" RWE aufgesessen. "Der Deal zwischen Grünen und RWE (Kohleausstieg kommt früher, dafür geht ein Dorf drauf), soll als fairer "Kompromiss" gelten, den die Klimabewegung gut finden muss."

Luisa Neubaur äußert sich abermals zu Lützerath

Abbau in Lützerath: "Bruch mit Paris"

Die Aktivisten widersetzen sich seit Tagen gegen die Polizei.
Die Aktivisten widersetzen sich seit Tagen gegen die Polizei.  © Oliver Berg/dpa

Das sei aber eine völlig verzerrte Darstellung, denn der Grund-Kompromiss, an den sich die Regierung auch laut Bundesverfassungsgericht zu halten habe, sei das Pariser Klimaabkommen. Studien zeigten jedoch, dass Deutschland das Pariser Klimaabkommen nur dann einhalten könne, wenn die unter Lützerath liegende Kohle nicht in Anspruch genommen werde. Neubauers Folgerung: "Der Deal ist weniger Kompromiss als Bruch mit Paris."

Der frühere Kohleausstieg werde ad absurdum geführt, indem "man den Zeitraum bis 2030 mit Kohleverbrennung derart vollgestopft hat, dass mehr CO2 produziert wird als ohne Deal". Die Grünen versuchten, "die breiten Allianzen, die die Bedeutung von Lützerath verstehen, für dumm zu verkaufen".

Neubauer rief dazu auf, den Ort bei Erkelenz im Rheinland "mit aller Kraft" zu verteidigen. "Wer gesellschaftlichen Frieden und Klimaschutz will, der setzt sich politisch für ein Räumungsmoratorium von Lützerath ein - oder verteidigt mit uns zusammen das Dorf."

Originalmeldung von 13.20 Uhr, zuletzt aktualisiert: 18.03 Uhr

Titelfoto: Oliver Berg/dpa

Mehr zum Thema Nordrhein-Westfalen: