Arbeitgeber bezahlen Frauen in Sachsen schlechter: Fast überall verdienen Männer mehr
Leipzig - Auf dem Lohnzettel sind alle gleichgestellt? Noch längst nicht! Meist sind Männer die Besserverdienenden.
Die einzige Region in Sachsen, wo die Frauen ein höheres Einkommen einsacken als Männer, ist Görlitz. Dort verdienen Frauen 30 Euro mehr. In allen anderen sächsischen Städten und Landkreisen liegt der Medianlohn der Männer über dem der Frauen.
Am größten ist der Unterschied im Erzgebirge. Dort verdienen Männer im Mittel 231 Euro mehr. In Ingolstadt klafft mit 1700 Euro Lohnunterschied zwischen Mann und Frau bundesweit übrigens die größte Lücke beim sogenannten Gender Pay Gap (geschlechtsspezifisches Lohngefälle).
Die Gründe sind vielfältig: Zum einen belasten Frauen öfter als Männer Ausfallzeiten wegen der Familie (Pflege und Kinderziehung). Damit bleibt ihnen weniger Zeit, um die Karriereleiter zu erklimmen.
"Zudem wählen Frauen auch häufiger Berufe, die geringer entlohnt sind. Auch heute noch prägen feste Rollenbilder die Berufswünsche der Jugendlichen", weiß Frank Vollgold (42), Sprecher der Regionaldirektion Sachsen der Bundesagentur für Arbeit. "Frauen arbeiten seltener in Industrieunternehmen - wo meist mehr zu verdienen ist - und seltener in Führungspositionen."
Zusätzlich gibt es in verschiedenen Branchen Lohnunterschiede für gleiche Berufe. So kann sich der Automobilverkäufer über ein höheres Einkommen freuen als die Textilverkäuferin. Selbst bei identischer Erwerbsbiografie bleibt oft eine Lohnlücke zuungunsten der Frauen bestehen.
Dabei müsste es genau umgekehrt sein. Vollgold: "Berücksichtigt man lohnbestimmende Merkmale wie Beruf und Qualifikation, müssten Frauen eigentlich mehr verdienen als Männer. Denn sie sind häufiger besser qualifiziert."
Ost-West-Vergleich
Mit einem mittleren Einkommen von 2857 Euro legte Sachsen im deutschen Ländervergleich um einen Platz zu, rangiert jetzt auf dem viertletzten Platz.
Die höchsten Medianentgelte erzielen Vollzeitbeschäftigte in Hamburg (3962 Euro), Baden-Württemberg (3843 Euro) und Hessen (3799 Euro). In Mecklenburg-Vorpommern (2785 Euro), Thüringen (2807 Euro) und Sachsen-Anhalt (2855 Euro) sind die Einkommen am niedrigsten.
"Damit liegt der höchste Lohnunterschied innerhalb Deutschlands zwischen Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern bei 1177 Euro", weiß Frank Vollgold.
Als Gründe für die Lohnschere zwischen den Bundesländern sieht er die regionalen Wirtschaftsbranchen und Betriebsgrößen: "Beispielsweise sind große Betriebe oft tarifgebunden, zahlen deshalb meist auch höhere Löhne. In Sachsen findet sich eher eine kleinteilige Wirtschaftsstruktur vor. Auch Konzernsitze und gut bezahlte Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind in Sachsen im Vergleich zu westlichen Regionen weniger präsent."
Der durchschnittliche Medianlohn von 3626 Euro in Westdeutschland liegt 769 Euro über dem sächsischen Wert. Lohnt sich da das Pendeln in besser zahlende Regionen? Die Hälfte der 146.000 sächsischen Auspendler, die im Westen arbeitet, glaubt das offensichtlich.
"Doch von dem Mehrverdienst muss man die Kosten des Pendels abrechnen. Sprich: doppelte Haushaltsführung, Fahrkosten, verlorene Zeit für Kinder und Familie", gibt Vollgold zu bedenken.
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