Aus Glashütte: Wilhelm Piecks Arbeiter-und-Bauern-Uhr tickt wieder richtig

Glashütte - Was für August den Starken Dinglingers Prachtstück "Der Hofstaat des Großmoguls" war - für Wilhelm Pieck (1876-1960) war es eine imposante "Kunstuhr" aus Glashütte. Der erste und einzige Präsident der DDR erhielt die Tafeluhr 1956 zu seinem 80. Geburtstag als Staatsgeschenk.

Museumsdirektor Ulf Molzahn (54) ist stolz, die Kunstuhr als Leihgabe ausstellen zu können.
Museumsdirektor Ulf Molzahn (54) ist stolz, die Kunstuhr als Leihgabe ausstellen zu können.  © Norbert Neumann

Das 13 Kilo schwere Kunstwerk aus Silber war Jahrzehnte nicht zu sehen, lagerte im Depot des Deutschen Historischen Museums in Berlin. Seit dem gestrigen Mittwoch ist die XXL-Uhr als Leihgabe im Glashütte Uhrenmuseum (Mi-So, 10-17 Uhr) zu bestaunen.

Eine Kostbarkeit des sozialistischen Realismus - Versicherungswert: 80.000 Euro! Zu jeder vollen Stunde erklingt "Die Internationale".

Das Uhrwerk konstruierte der Ingenieur Hans Georg-Belger im VEB Glashütte Uhrenbetriebe. Der Leipziger Goldschmied und Zeichner Gerhard Fraundorf fertigte die "Hülle" - eine detailreiche Baustellen-Landschaft, über der das symbolische Dreigestirn von Ingenieur, Metallgießer und Bauer thront.

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"Leider wissen wir bis heute wenig über die beiden Künstler. Es gibt so gut wie kein Material über sie", bedauert Museumsdirektor Ulf Molzahn (54).

Es existiert auch nur ein Foto-Dokument: Ministerpräsident Otto Grotewohl (1894-1964) steht mit Jubilar Pieck vor der Uhr, für die eine Extra-Vitrine gezimmert wurde. "Damit sie stabil stand, wurden zwei Schubladen mit Sand gefüllt", weiß Molzahn.

Am 3. Januar 1956 erhält der gebürtige Gubener und KPD-Mitbegründer Wilhelm Pieck von Ministerpräsident Otto Grotewohl (r. auf linkem Bild) die Kunstuhr. Von der Gründung der DDR bis zu seinem Tod war Wilhelm Pieck (r.) der erste und einzige Präsident der DDR.
Am 3. Januar 1956 erhält der gebürtige Gubener und KPD-Mitbegründer Wilhelm Pieck von Ministerpräsident Otto Grotewohl (r. auf linkem Bild) die Kunstuhr. Von der Gründung der DDR bis zu seinem Tod war Wilhelm Pieck (r.) der erste und einzige Präsident der DDR.  © Montage: Repro/Norbert Neumann, imago/ZUMA/Keystone
Die Vermutung liegt nahe, dass die Figur inmitten der Baustelle Wilhelm Pieck darstellen soll.
Die Vermutung liegt nahe, dass die Figur inmitten der Baustelle Wilhelm Pieck darstellen soll.  © Norbert Neumann

Das "Gehäuse" der Uhr ist Zeitdokument. Es zeigt die Aufbauarbeit der jungen DDR nach dem Krieg. Loren transportieren die Baustoffe an Ort und Stelle. Bauarbeiter arbeiten mit Schaufel und Schubkarre. Häuser werden mit Ziegeln gemauert - die Betonteile der Plattensiedlungen waren noch nicht erfunden.

Und ganz ehrlich: Manch Staatsgeschenk ist heute auch nicht schöner!

Titelfoto: Norbert Neumann

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