Energiefabrik Knappenrode: Hier riecht es noch nach Kohle!
Knappenrode - Sommerzeit ist Reisezeit. Akutes Fernweh kommt auf. Doch in Zeiten deftiger Teuerungen und unsicherer Fernverbindungen lohnt ein Blick in die Heimat. Wohl dem, der in Sachsen lebt. Der Freistaat ist reich an Sehenswürdigkeiten. Doch es muss nicht das prachtvolle Schloss oder die alte Burganlage sein – zwischen Zwickau und Zittau befinden sich zahlreiche Orte, die eine Entdeckung wert sind. Die TAG24-Sommerserie hat sie aufgespürt. Heute: Energiefabrik Knappenrode.
Raus aus der Kohle ... und dann?
Der Strukturwandel beschert der Lausitz nicht nur den Abschied von einer mehr als hundert Jahre alten Industriesparte, er eröffnet zugleich Notwendigkeiten und Chancen.
Dazu zählt die Ansiedlung von Zukunftstechnologien ebenso wie der Ausbau des Tourismus.
Die Energiefabrik Knappenrode kombiniert in diesem Spannungsfeld Geschichte zum Anfassen mit einem Bergbau-Erlebnispark.
Massig wie ein Fels steht er da mitten in der flachen Lausitz. Ein Ziegelsteinkoloss, gebaut ausgerechnet im Ersten Weltkrieg von 1914 bis 1918. Da hieß der Ort im Nirgendwo noch Werminghoff, benannt nach dem Erbauer der Fabrik.
Erst im Februar 1993 verließen die letzten Briketts das inzwischen zu Knappenrode umbenannte Örtchen nahe Hoyerswerda.
Knappenrode ist ein Unikat!
Dazwischen liegen Jahrzehnte, in denen 67 Millionen Briketts das Werk verließen.
Als auch die Arbeiter das Werk verließen, blieb alles eingerichtet.
"Wer zu uns kommt, riecht noch die Kohle, das Öl, überhaupt die Produktionsatmosphäre", sagt der kommissarische Museumsleiter Marcel Linack (43). "Da und dort hängt noch eine Arbeitsjacke. Hier ist es authentisch."
Damit ist Knappenrode ein Unikat. Zwar gab es in der gesamten Lausitz einst hundert solcher Brikettfabriken. Doch die sind meist verschwunden. Nur hier und dort steht noch eine Presse, ein Verwaltungsbau.
In Knappenrode aber wurde die Zeit eingefroren. "Zu verdanken ist das Leuten wie Wilfried Sauer und dem Förderverein Lausitzer Bergbaumuseum", sagt Linack.
Die ehemaligen Fabrikangestellten hätten bereits 1992 darauf geachtet, dass im Werk das Andenken gewahrt wird. Im Juni 1994 begann der Museumsbetrieb.
Die gigantische Fabrik ist mittlerweile saniert!
Inzwischen ist die gigantische Fabrik saniert und um moderne Einbauten ergänzt.
"Wir haben hier ein Bistro, das eine komplette Verköstigung möglich macht, angefangen von der Suppe bis hin zu Kaffee und Kuchen", so der amtierende Chef.
Denn einen Tag sollte man sich schon Zeit nehmen für eine Visite: zwei bis drei Stunden für die Fabrik selbst, die gleiche Zeit für das weitläufige Gelände.
Es ist ein Abenteuerspielplatz für Groß und Klein. Insgesamt 25 Hektar groß, wovon das Museum laut Linack 7,5 bewirtschaftet (mit Außenflächen 15 Hektar).
Es gibt was zum Rutschen, ein Kino, ein Labyrinth, Bergbaugeräte, eine Aussichtsplattform; Sonder- und Dauerausstellungen. Man kann an Führungen über alle sieben Fabriketagen teilnehmen oder Kindergeburtstage feiern. In urigen Werkstatträumen darf geheiratet oder getagt werden. Bei der "Akustik-Schicht" ertönen Pressen, Trockner, Siebe und Förderbänder.
"Und wenn Sie Lust auf Picknick haben – immer gern", lädt der Chef ein. Danach können die angefutterten Pfunde auf einer Draisine wieder abtrainiert werden ...
Mit Bus, Bahn oder Rad ins Museum
Knappenrode gehört postalisch zu Hoyerswerda. Bis hierhin muss auch reisen, wer mit dem Zug kommt. Vom Bahnhof fährt der Bus Nummer 794 zur Fabrik.
Mit dem Auto ist es von Dresden kaum mehr als eine Stunde bis an die Energiefabrik, ebenso von Görlitz.
Am schönsten reist es sich mit dem Rad an: Das Museum Energiefabrik ist Teil der "Seenland-Route" und befindet sich gleichzeitig an der "Niederlausitzer Bergbautour".
Geöffnet ist täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr.
Es gibt ausreichend Parkplätze sowie zahlreiche Ladestationen für E-Autos und E-Bikes.
Titelfoto: Norbert Neumann