Verbraucherschützer erleben Ansturm: Horror-Abschläge sorgen für Frust und Ärger
Auerbach/Vogtland - Was tun, wenn Heizen unbezahlbar wird?
Mit dieser Frage stürmten Dutzende Bürger vor wenigen Tagen die Verbraucherzentrale Auerbach (Vogtland). Leiterin Heike Teubner (57), die eigentlich über Bürger-Energiegenossenschaften informieren wollte, erlebte "Verbraucher zwischen Angst und Verzweiflung".
Stimmen wurden laut, die der Bundesregierung die Schuld für hohe Gaspreise zuschieben wollten. Souverän konterte die Verbraucherschützerin: "Wir machen hier keine Politik, aber wir sind nicht wehrlos."
Heike Teubner musste sich horrende Abschlagszahlungen und mögliche Rechnungen anhören. Ein Mann berichtete, dass sein Vater (91) in Bad Elster statt 178 Euro künftig 1100 Euro Abschlag zahlen solle.
Christine und Eberhard Popp (75, 78) aus Neumark bekamen Post vom Gasversorger: "Unser Abschlag soll von 5,4 Cent pro Kilowattstunde und 95 Euro im Monat ab 1. November auf 47 Cent und 1200 Euro steigen. Das ist Irrsinn - und der Gasversorger hält uns bei der Kündigung hin."
Verbraucherschützerin gibt Tipps: So wehrt Ihr Euch gegen horrende Gas-Rechnungen
Die Verbraucherschützerin weiß in solchen Fällen guten Rat: "Preise jenseits der 35 Cent könnten sittenwidrig sein. Schriftlich übliche Preise einfordern. Wenn das nicht funktioniert, per Einschreiben kündigen und zum Grundversorger zurückfallen lassen."
Auch überdrehte Abschläge müsse niemand hinnehmen: "Einen Monat lang den Zähler beobachten und den Abschlag neu berechnen."
Heike Teubner kennt die Not der Menschen genau: "Ein Rentner, 80, aus Ellefeld war in meiner Beratung. Er sollte bei 800 Euro Rente künftig 1500 Euro im Monat für Heizung bezahlen."
"Er sagte mir, er gehe nach Hause und tue sich etwas an", berichtet die Verbraucherschützerin.
Genossenschaften als Ausweg aus der Krise?
Sind Energiegenossenschaften ein Ausweg aus der Kostenkrise? Viola Theesfeld vom Berliner Verein "Bündnis Bürgerenergie" stimmte auf einer Veranstaltung der Verbraucherzentrale Auerbach zu: "Aktuell gibt es bundesweit 883 Bürger-Energiegenossenschaften. Das macht Strom oder Wärme billiger, die Energiewende erfahrbar."
Energie zum Selbstverbrauch, für den Handel oder zum Teilen - "jede Teilhabe erhöht die Akzeptanz". Dabei gebe es unendlich viele Ideen - Solaranlagen an Lärmschutzwänden, Balkon-Kraftwerke für Mieter, Investitionen in fremde Genossenschaften. Martina und Wolfgang Frey aus Beerheide machen mit: "Wir wollen mit Photovoltaik auf dem Haus unabhängig werden."
Die Volksbank Chemnitz-Zwickau hat seit 2011 eine Energiegenossenschaft. 427 Mitglieder finanzieren erneuerbare Energien - bisher in 30 Projekte mit einer Summe von gut sieben Millionen Euro.
Zuletzt zahlte die Genossenschaft an Mitglieder rund zwei Prozent Dividende aus.
Titelfoto: dpa/Patrick Pleul, David Rötzschke