Neue Gas-Umlage: Sachsens Betriebe vor dem Preis-Schock

Dresden/Chemnitz - Die Gas-Umlage lässt sächsische Firmen vor dem Herbst bangen. 2,4 Cent mehr kostet die Kilowattstunde Erdgas ab Oktober.

Am Chemnitzer Standort der HTM-Gruppe überwacht Anlagenbediener Dietmar Ehrig (66) einen der Kammeröfen, die den Stahl erhitzen.
Am Chemnitzer Standort der HTM-Gruppe überwacht Anlagenbediener Dietmar Ehrig (66) einen der Kammeröfen, die den Stahl erhitzen.  © Kristin Schmidt

Der scheinbar kleine Betrag hat große Folgen."Unsere Kammeröfen laufen permanent auf 900 bis 950 Grad Celsius, 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche", sagt Hendrik Seibt (37).

Er ist Inhaber der Härtetechnik & Metallbearbeitung GmbH (HTM), die in Chemnitz und Glauchau unter anderem Stahl abhärtet, indem sie ihn zuerst hoch erhitzt, dann im Ölbad abschreckt. So entstehen etwa widerstandsfähige Zahnräder für Autoindustrie und Maschinenbau.

Doch die Öfen laufen nur mit Erdgas. Die HTM-Gruppe braucht neun Millionen Kilowattstunden Erdgas pro Jahr, so Einkaufs-Leiter Christian Nussbaum (32). "Die Preissteigerung liegt nicht nur bei 2,4 Cent, sondern bei 3,4 Cent", sagt er.

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Denn es komme noch 1 Cent Gasspeicher-Umlage dazu.

Die Umlagen kosten dem Chemnitzer Betrieb aufs Jahr gerechnet 306.000 Euro."Wir können die Produktion nicht von heute auf morgen umstellen", sagt Chef Seibt.

Während die Kammeröfen im Hintergrund den Stahl auf bis zu 950 Grad Celsius erhitzen, sorgen sie sich um die Gas-Rechnung: Einkaufs-Leiter Christian Nussbaum (32, l.) und Chef Hendrik Seibt (37) von der Chemnitzer HTM-Gruppe.
Während die Kammeröfen im Hintergrund den Stahl auf bis zu 950 Grad Celsius erhitzen, sorgen sie sich um die Gas-Rechnung: Einkaufs-Leiter Christian Nussbaum (32, l.) und Chef Hendrik Seibt (37) von der Chemnitzer HTM-Gruppe.  © Kristin Schmidt

Ab Oktober rechnet das Unternehmen mit einem Verfünffachen der Kosten

Für jede Kilowattstunde, die durch sächsische Leitungen fließt, wird ab Oktober eine Umlage von 2,4 Cent fällig.
Für jede Kilowattstunde, die durch sächsische Leitungen fließt, wird ab Oktober eine Umlage von 2,4 Cent fällig.  © Kristin Schmidt

"Und wir können die Preise nicht einfach an die Kunden weiterreichen. Sonst verlieren wir sie." Er plant, an Leiharbeitern zu sparen. Bisher kamen die oft zum Einsatz, wenn viele der rund 100 Mitarbeiter im Urlaub oder Krankenstand waren.

"Das können wir uns jetzt nicht mehr leisten."Auch das Edelstahl-Werk "Schmees" in Pirna fürchtet den Winter. "Die Gas-Umlage bringt das Fass zum Überlaufen", sagt Geschäftsführer Clemens Schmees (65). Die Firma mit 160 Mitarbeitern zahlt aktuell 50.000 Euro monatlich fürs Gas.

Doch der jetzige Vertrag läuft Ende September aus. Mit dem neuen Vertrag und der Gas-Umlage rechnet Schmees ab Oktober mit Kosten von 250.000 Euro monatlich.

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Fünfmal so viel wie jetzt. Die IHK Chemnitz verzeichnet eine "teils existenzbedrohende Situation für die gewerblichen Unternehmen", so der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Torsten Spranger (52). "Klar ist, dass die Situation für den Produktionsstandort Sachsen zu großen Verwerfungen führen wird.

"Das sächsische Wirtschaftsministerium rechnet mithilfe vom Bund, falls die Wirtschaft in Not gerät. "Der Freistaat wäre finanziell nicht in der Lage dazu - zumal die Einnahmen durch Steueraufkommen etc. der Bund und nicht das Land erhält", heißt es aus dem Ministerium.

Das Edelstahl-Werk "Schmees" in Pirna rechnet mit fünffachen Gas-Kosten.
Das Edelstahl-Werk "Schmees" in Pirna rechnet mit fünffachen Gas-Kosten.  © imago images/Sylvio Dittrich

Wirtschaft fordert Energiepreis-Kontrolle

Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner (63)
Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner (63)  © Bildmontage: Norbert Neumann

Die Vereinigung der sächsischen Wirtschaft hat mit klaren Worten auf die Gasumlage reagiert.

Arbeitgeberpräsident Jörg Brückner (63) forderte eine Preiskontrolle zur Entwicklung der Energiepreise.

"Wieso steigen die Strompreise noch schneller als die Gaspreise, obwohl wir doch nur einen kleinen Teil des Gases zur Stromproduktion verwenden?", so Brückner.

Staatlich kontrollierten Preisen erteilte er eine Absage, er befürworte aber eine permanente Überprüfung der Preisbildung, sagte er.

Eine staatliche Energiepreisaufsicht, um Spekulation und Wucherpreise bei Energiekonzernen zu verhindern, fordern demgegenüber Sachsens Linke bereits seit den Preissteigerungen im letzten Herbst.

Titelfoto: imago images/Sylvio Dittrich

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