Doch keine Zwangsadoption! Mutter erfährt nach 40 Jahren, dass ihre Tochter tot ist

Sassnitz/Rügen - Diesen Albtraum wünscht man keiner Mutter: 41 Jahre lang plagten Christa Steenvoorden große Zweifel. Starb ihre kleine Tochter bei ihren Großeltern? Oder wurde das Mädchen heimlich zwangsadoptiert? Nach einem anonymen Tipp und einem Kampf gegen die Windmühlen der Behörden herrscht nun traurige Gewissheit.

Fall geklärt: Juliane starb im Dezember 1977 bei einem Unfall (Symbolbild)
Fall geklärt: Juliane starb im Dezember 1977 bei einem Unfall (Symbolbild)  © 123RF

Juliane ist tot! Sie wurde nur dreieinhalb Jahre alt. Ihre sterblichen Überreste liegen auf dem Sassnitzer Friedhof. Das weiß Christa Steenvoorden nun, doch bis dahin war es ein langer Weg.

Es mutet unfassbar an, was der Nordkurier berichtet: Juliane soll elf Tage vor Weihnachten 1977 bei einem Unfall in der Badewanne ihrer Großeltern gestorben sein. Doch ihre Mutter hatte große Zweifel an dieser Geschichte, denn den Leichnam bekam sie nie zu Gesicht.

Zum vermeintlichen Todeszeitpunkt war sie auf eine Verkehrsschulung zitiert worden. Fragen konnte sie nicht mehr: Ihr damaliger Ehemann – angeblich bei der Staatssicherheit tätig gewesen –^ ist inzwischen verstorben. Auch die Großeltern leben heute nicht mehr.

Starb die kleine Juliane wirklich oder wurde sie zwangsadoptiert? (Symbolbild)
Starb die kleine Juliane wirklich oder wurde sie zwangsadoptiert? (Symbolbild)

In ihr keimte der Gedanke auf: Juliane wurde Opfer einer Zwangsadoption - ein Schicksal, wie es so viele Mütter in der ehemaligen DDR traf, wenn der Staat ihnen ihre Kinder entzog. Ein anonymer Anruf vor zwei Jahren verstärkte den Verdacht der leidgeplagten Mutter, hinzu kamen Dokumente und ein Totenschein mit falschem Geburtsdatum. Demnach soll Juliane leben und nicht seit Jahrzehnten auf dem Friedhof in Sassnitz liegen.

Aufschluss sollte eine Graböffnung geben. Doch das gestaltete sich komplizierter als gedacht.

Der Grund: ein monatelanger Rechtsstreit mit der Stadtverwaltung. Die stellte sich quer, lehnte eine Exhumierung ab, schob Störung der Totenruhe als Grund vor. Was folgte, waren lautstarke Proteste und Tumulte der Stadtbewohner. Die setzten sich für die Wahrheit ein.

Dann, im Oktober 2018, wurde dem Antrag auf eine Exhumierung stattgegeben. Die mittlerweile nach 20 Jahren Ruhezeit neu vergebene Grabstelle wurde geöffnet. Dort stießen Forensiker auf einen Sarg mit einem Skelett. Es gelang ihnen, aus den Knochenresten DNA zu extrahieren.

Und tatsächlich: Ein Vergleich mit einer DNA-Probe von Christa Steenvorden habe mit hoher Wahrscheinlichkeit von über 99 Prozent die Mutterschaft erwiesen. Heißt: Juliane ist tatsächlich tot. Nun kann auch ihre Mutter endlich ihren Frieden finden.

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