Wie viele Geschäfte verträgt die Stadt?

Von Pia Lucchesi
Dresden - Nach Urlaubszeit und Sommerhitze steigt wieder die Kauflaune! Zehntausende stürmten am Samstag Dresdens Shopping-Center und Geschäfte, kauften Herbstklamotten, Technik, Sportartikel.
Doch angesichts mancher Baustelle für weitere Geschäftshäuser muss die Frage erlaubt sein: Braucht Dresdens Einzelhandel wirklich noch mehr Fläche? Und ist so großes Wachstum noch gesund? Hier eine Experten-Analyse.
Zahlen und Fakten 1997 standen Dresdens Einzelhandel 600.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Heute sind es über 900.000 Quadratmeter.
Die Erweiterung von Altmarktgalerie und Elbepark, neue Läden im Hauptbahnhof, Simmel- Center am Albertplatz: Allein zwischen 2010 bis 2015 gab es bei den Flächen einen Zuwachs um fünf Prozent.

In Dresden werden neben Berlin und Leipzig die höchsten Spitzenmieten im Vergleich der östlichen Handelszentren erzielt. Diese Mieten haben sich rasant entwickelt: 2007 zahlte man in Spitzenlagen 55 Euro pro Quadratmeter. Heute löhnen Händler dort das Doppelte.
Image und Stärke Dresden genießt als Einkaufsstadt sowohl bei Kunden als auch Gewerbetreibenden einen guten Ruf. Die Investoren honorieren, dass die Einwohnerzahl wächst und die Wirtschaftslage stabil ist.
„Zudem profitiert der Einzelhandel vom Tourismus und speziell auch von der Nähe zu Tschechien“, weiß Lars Fiehler (44), Sprecher der Industrieund Handelskammer Dresden. Was Verkaufsflächen betrifft, könne sich Dresden deshalb mehr „leisten“ als etwa Magdeburg oder Erfurt.

Potenziale und Perspektiven
Immobilien-Experten wie Aengevelt–Research nennen den Dresdner Einzelhandelsmarkt attraktiv. Es gibt - nach wie vor - eine hohe Nachfrage nach Verkaufsflächen in Top-ALage.
Lars Fiehler schätzt ein, dass der Markt „gesund“ ist. Er macht sich keine Sorgen um den Dresdner Einzelhandel, mahnt aber: „Nichtsdestotrotz nähern wir uns einer sehr komfortablen Flächenausstattung. Wir müssen langsam aufpassen, dass das nicht kippt.“
Der Handel-Experte Dr. Gert Hessert (58) von der Uni Leipzig sagt mit Blick auf ganz Sachsen: „Zuwächse an Handelsflächen sind - wenn überhaupt - nur noch in den Innenstädten von Dresden und Leipzig sinnvoll.“
Handel und Wandel
Sowohl Fiehler als auch Hessert warnen: Der innerstädtische Bau-Boom und die damit verbundene, weitere „Zentralisierung“ zieht Kaufkraft aus den Stadtteilen und dem Umland ab.
Fach- und Lebensmittel-Händler werden das dort (noch mehr) spüren. Ebenso die kleinen Shopping-Center auf der „Grünen Wiese“ im ländlichen Raum.
Hessert prophezeit: „Das wird ein Verdrängungswettbewerb. Nur die funktionierenden Center werden überleben.“
Fotos: Ove Landgraf, dpa/Robert Schlesinger, Thomas Türpe