Stuttgarter Kickers verpassen Aufstieg: Niedergang eines Traditionsclubs
Stuttgart - Es war der fünfte Oktober 1991 in München. Ein grauer Oktoberfest-Tag, zumindest für den FC Bayern.

An diesem 12. Spieltag der Fußball-Bundesliga feierten die Stuttgarter Kickers einen 4:1-Kantersieg über den deutschen Rekordmeister.
Für den Blauen Adel, der erst zum zweiten Mal im Bundesliga-Oberhaus kickte, ein Triumph, für die Münchner dagegen eine unvergessene Schmach.
Vor allem einen traf diese Klatsche besonders: Bayerns Kult-Trainer Jupp Heynckes erlebte damals seine erste Amtszeit als Coach an der Säbener Straße und musste ausgerechnet nach dieser herben Pleite gegen die Kickers seinen Hut nehmen.
Dem Degerlocher Traditionsclub nutzte diese Sensation schlussendlich nichts: Wie schon bei ihrem ersten Bundesliga-Ausflug (1988/89), stand am Ende der Abstieg.
Inzwischen sind die Kickers weit entfernt vom Bundesligageschäft. So verpassten sie am Mittwoch den Wiederaufstieg in die Regionalliga (4. Liga) und müssen somit in der kommenden Saison erneut in der ungeliebten Oberliga ran. (TAG24 berichtete)

Dort kickt der Blaue Adel am bisherigen Tiefpunkt seiner Vereinsgeschichte.
In der Saison 2017/18 sind die Blauen nämlich zum ersten Mal seit ihrer Gründung im Jahr 1899, in die fünfte Liga abgestiegen.
Dabei sind die Kickers eigentlich ein Traditionsclub des Bundesliga-Unterhauses: Von 1974 bis 1994 waren die Blauen, bis auf ihre beiden Ausflüge ins Oberhaus, zweitklassig.
Dann folgte allerdings der qualvolle Niedergang des Degerlocher Clubs.
In den 2000er Jahren spielten die Jungs von der Waldau in der damals noch drittklassigen Regionalliga, qualifizierten sich 2008 auch für die neugegründete Profi-Spielklasse "Dritte Liga", doch stiegen in deren Premierensaison sang- und klanglos als Tabellenletzter ab.

Die Rückkehr gab es dann erst vier Jahre später.
Der damalige Coach war Dirk Schuster, der später mit dem SV Darmstadt 98 bis in die Bundesliga marschieren sollte.
Beim Blauen Adel aus Stuttgart scheiterte Schuster allerdings nach knapp drei Jahren, sodass der geborene Chemnitzer entlassen wurde, als der erneute Abstieg in die Viertklassigkeit drohte (Saison 11/12).
Unter Coach Massimo Morales schafften die Kickers in der anschließenden Spielzeit (2012/13) dann geradeso den Klassenerhalt.
Erst als Horst Steffen das Traineramt übernahm, stabilisierten sich die Blauen wieder in der 3. Liga, in der sie inzwischen zum Dauergast geworden waren.
Und mit Steffen schnupperten die Stuttgarter Kickers zum letzten Mal am ganz großen Coup! Unter ihm verpasste der Blaue Adel 2014/15 um mickrige zwei Pünktchen den Aufstiegsrelegationsplatz zur Zweiten Liga.

Dieser Ausrutscher ins Positive ließ die Blauen wieder träumen.
Doch statt Profifußball folgte der Niedergang. Als die darauf folgende Drittligaspielzeit schleppend begann, verloren die Verantwortlichen schnell die Geduld und entließen Steffen, mit dem man zunächst noch verlängern wollte.
Es war der Knackpunkt: Mit Nachfolger Tomislav Stipic stieg man in die Viertklassigkeit ab (Saison 15/16). Zwei Jahre später dann der bittere Gang in die fünfte Liga.
Nachdem man nun am Mittwoch den direkten Wiederaufstieg in die 4. Liga verpasste, droht der Club nun in der kompletten Versenkung zu verschwinden. So weit weg wie aktuell waren die Kickers noch nie vom Profifußball entfernt.
Und von den großen Bayern träumt man im Stuttgarter Stadtbezirk Degerloch schon lange nicht mehr.