Heftiges Zugunglück: Mittlerweile mehr als 280 Tote und 900 Verletzte

Neu-Delhi (Indien) - Bei einem der verheerendsten Zugunglücke der vergangenen Jahrzehnte sind im Osten Indiens mindestens 288 Menschen ums Leben gekommen. Rund 900 weitere Menschen wurden verletzt. Die Rettungsarbeiten sind jedoch bei weitem nicht abgeschlossen.

Rettungskräfte arbeiten an der Unglücksstelle, nach einem schweren Zugunglück im indischen Bundesstaat Odisha. Bei dem Zugunglück sind neuen Angaben zufolge mindestens 233 Menschen ums Leben gekommen.
Rettungskräfte arbeiten an der Unglücksstelle, nach einem schweren Zugunglück im indischen Bundesstaat Odisha. Bei dem Zugunglück sind neuen Angaben zufolge mindestens 233 Menschen ums Leben gekommen.  © Uncredited/AP

Das teilten die Behörden des Bundesstaats Odisha am heutigen Samstagmorgen mit. Da noch weitere Tote unter den umgestürzten Waggons vermutet wurden und die Rettungskräfte während der Nacht unter erschwerten Bedingungen zu arbeiten hatten, waren weiter steigende Opferzahlen zu befürchten.

Die Katastrophe ereignete sich am gestrigen Freitagabend gegen 19 Uhr Ortszeit in einer ländlichen Gegend des Bezirks Balasore, gut 200 Kilometer südwestlich von Kolkata (früher: Kalkutta).

Zwei Passagierzüge und ein Güterzug verunglückten dort nacheinander auf zwei parallel verlaufenden Gleisabschnitten. Wie genau, ist auch Stunden nach dem Unfall noch nicht klar.

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Medienberichten zufolge war vermutlich erst einer der beiden Passagierzüge entgleist, der andere dann auf der wenige Meter entfernten Parallelstrecke in die dort auf den Gleisen liegengebliebenen Waggons gerast.

Ob der Güterzug zum Zeitpunkt des Unfalls wirklich auf einem anderen Gleis abgestellt war und von einem der entgleisten Passagierzüge gerammt wurde, wie es manche Medien beschrieben, ist ebenfalls noch ungeklärt.

Indiens Premierminister drückte seine Erschütterung aus

Überlebende berichten von dem schrecklichen Ereignis

Noch immer werden viele Menschen unter den entgleisten Waggons vermutet. Es wird von einer weiter steigenden Opferzahl ausgegangen.
Noch immer werden viele Menschen unter den entgleisten Waggons vermutet. Es wird von einer weiter steigenden Opferzahl ausgegangen.  © Uncredited/AP

Mit Tagesanbruch am heutigen Samstag wurde das Ausmaß des Desasters besser sichtbar. Etwa ein Dutzend Waggons lagen auf und neben den Gleisen, mit den Rädern in die Höhe ragende Stahlkolosse, einige mit aufgerissenen Abteildecken, die Fenster zerschmettert.

Auf und neben den Waggons versuchten Dutzende Helfer in Zivilkleidung und Rettungskräfte mit orangefarbenen Schutzanzügen verzweifelt, verletzte Passagiere unter den tonnenschweren Trümmern zu retten.

Ein Zugpassagier sagte dem örtlichen Fernsehsender NDTV, er sei aus dem Schlaf gerissen worden, als sein Zug plötzlich entgleiste - und das Chaos losbrach. "Zehn bis 15 Menschen fielen auf mich", erzählte er dem Sender.

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Er selbst sei mit Verletzungen am Hals und an den Händen davongekommen, habe dann aber überall Leichen und abgetrennte Körperteile erblickt.

"Es war ein ohrenbetäubender Lärm, ich spürte den Boden unter meinen Füßen erzittern. Unser Zug wurde vor- und zurückgeworfen", wurde ein Fahrgast von der Zeitung "Times of India" zitiert. Dann habe er aus dem Fenster geschaut und die entgleisten Waggons gesehen, mit darunter eingeklemmten Menschen: "Es war dunkel und ich konnte Schreie hören."

Ein anderer Mann schilderte, wie völlig aufgelöste Angehörige später in einem Feld verstümmelter Körper nach ihren Liebsten suchten. "Der Anblick war zu schrecklich, um ihn zu beschreiben."

Indiens Eisenbahnminister kündigte Entschädigungszahlungen an

Bahnsystem schon lange sanierungsbedürftig

Die Nacht über arbeiteten Rettungskräfte unter erschwerten Bedingungen. Am Morgen wurde das Ausmaß des schweren Unglücks besser sichtbar.
Die Nacht über arbeiteten Rettungskräfte unter erschwerten Bedingungen. Am Morgen wurde das Ausmaß des schweren Unglücks besser sichtbar.  © Uncredited/AP

"Überall Leichen, vielen fehlten Körperteile, Menschen, die in den Waggons feststeckten, schrien um Hilfe", sagte ein Überlebender der Zeitung "The Hindu". "Ich sah Menschen mit verstümmelten Körperteilen und entstellten Gesichtern. Das wird mich mein Leben lang verfolgen."

Indiens marodes Bahnsystem mit alten Zügen und überholungsbedürftigen Gleisanlagen ist bekannt für häufige Unfälle. Doch derart hohe Opferzahlen sind selbst in dem riesigen Land mit 1,4 Milliarden Einwohnern äußerst selten.

Bahnminister Ashwini Vaishnaw (52) sagte der Nachrichtenagentur ANI, er habe eine Untersuchung zur Ursache der Zugkatastrophe angeordnet. Er traf am heutigen Samstagmorgen an der Unfallstelle ein, um sich ein Bild vom Ausmaß der Tragödie zu machen.

Premierminister Narendra Modi (72) zeigte sich erschüttert und schrieb auf Twitter: "In dieser Stunde der Trauer sind meine Gedanken bei den trauernden Familien." Der 3. Juni wurde in Odisha zum Trauertag erklärt.

Das Büro des Premierministers kündigte schon kurz nach dem Unglück eine Entschädigung für Schwerverletzte und die Angehörigen der Toten von je 200.000 Rupien (umgerechnet circa 2267 Euro) an. Verletzte und leicht Verletzte sollen demnach je 50.000 (etwa 567 Euro) Rupien bekommen.

Bahnminister Ashwini Vaishnaw versprach zusätzlich eine Entschädigung in Höhe von einer Million Rupien (rund 11.314 Euro) für die Angehörigen der Toten.

Erstmeldung: 3. Juni, 7.05 Uhr, Update: 3. Juni, 22.57 Uhr

Titelfoto: Uncredited/AP

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