
Vergleich zu Nachbarkreisen: Chemnitz hat besonders viele Schuldner
In Chemnitz leben 11,78 Prozent der erwachsenen Verbraucher über ihren Verhältnissen
Von Pia Lucchesi
Chemnitz - Die Zahl der Sachsen, die chronisch pleite sind, steigt. Laut Creditreform Wirtschaftsforschung gab es im Freistaat im Langzeitvergleich von 2004 bis 2018 einen Zuwachs um 15.000 auf 342.867 Überschuldungsfälle.

Die Statistiken im SchuldnerAtlas 2018 sprechen für sich: In Chemnitz leben 11,78 Prozent der erwachsenen Verbraucher über ihren Verhältnissen. Im Umland liegen die Quoten darunter (Landkreis Vogtland 10,24 Prozent; Erzgebirge 8,09 Prozent, Zwickau 9,79 Prozent).
Lichtblick: Im vergangenen Jahr gingen die Überschuldungsfälle im Osten Deutschlands erstmals seit 2013 wieder zurück. Die Zahl der "harten" Fälle ist rückläufig.
Aus Scham sprechen viele Menschen nicht über ihre Geldsorgen, berichtet Jana Schulze-Rehagel von der Schuldner- und Insolvenzberatung der Caritas in Dresden.
Die 50-Jährige ergänzt: "Viele warten zu lange, bis sie eine Beratung aufsuchen. Sie kommen leider erst, wenn ihr Konto gepfändet wurde oder der Gerichtsvollzieher sich bei Ihnen gemeldet hat."

Ihr Rat: "Wer dauerhaft in den roten Zahlen steckt oder auf Sicht Mahnungen nicht mehr bezahlen kann, sollte sich dringend zeitnah professionelle Hilfe suchen."
Aus Berufserfahrung weiß Schulze-Rehagel: "Den Kopf in den Sand stecken, hilft nicht. Wer frühzeitig handelt und das Gespräch mit den Gläubigern sucht, kann Notlagen noch abwenden." Die Berater helfen dabei.
Sorgenvoll beobachten die Experten zwei Trends: Einige Familien haben so wenig zum Leben, dass ein Defekt der Waschmaschine oder des Autos, sie finanziell an den Abgrund bringt.
Immer mehr junge Leute fahren ihre Konten in die Miesen, um langfristige Kaufverträge für Handys oder Technik bedienen zu können.
Miete ist ein großer Faktor
Die Schuldnerberatungen haben aktuell das Thema Mietschulden im Fokus, denn der "Albtraum Miete" bringt immer mehr Menschen um den Schlaf. Die steigenden Wohnkosten in Städten wie Dresden und Leipzig sind ein Armutsrisiko.
Faustformel: Das Einkommen eines Haushaltes sollte nicht zur Hälfte von den Wohnkosten aufgefressen werden!
Schuldnerberaterin Jana Schulze-Rehagel warnt: "Wenn jemand nur zwei Monate in Mietrückstand gerät, kann schon eine fristlose Kündigung ausgesprochen werden."

Fotos: Ove Landgraf, Christian Charisius, Ove Landgraf, Christian Charisius, dpa/Sebastian Willnow