"Richtig dramatisch": Tankstellen-Betreiber fürchten sich vor Sprit-Rabatt

Berlin - Ab 1. Juni wird das Tanken wieder etwas günstiger - zumindest vorübergehend. Die Politik setzt ab dann den Tank-Rabatt um. "Endlich", denken Autofahrer. "Bloß nicht", die Tankstellen-Betreiber. Die Branche rechnet mit einer "richtig dramatischen" Situation.

In letzter Zeit keine Seltenheit mehr: Preise von mehr als 2 Euro pro Liter an den Tankstellen.
In letzter Zeit keine Seltenheit mehr: Preise von mehr als 2 Euro pro Liter an den Tankstellen.  © Max Patzig

Lange Zeit kannten die Sprit-Preise in Deutschland nur eine Richtung: nach oben. Sie stiegen und stiegen und stiegen... Zumindest so lange, bis die Politik einschritt. Unter anderem ein Tank-Rabatt wurde beschlossen. Seitdem ist eher ein Stagnieren der Preise an Tankstellen zu beobachten.

In nicht einmal einem Monat ist es nun so weit und der Rabatt gilt. Für die Betreiber der Tankstellen ist das keine leichte Situation. Sie sagen, "vor allem der 1. Juni könnte richtig dramatisch werden", so Duraid El Obeid, Vorsitzender des Bundesverbands Freier Tankstellen (bft), in der Wirtschaftswoche.

Das hat aber nicht etwa mit einem Abrechnungs-Chaos zu tun, sondern mit möglichen Anstürmen von Kunden.

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Weil Diesel, Benzin sowie Erd- und Flüssiggas schlagartig günstiger werden, rechnen die Tankstellen-Betreiber mit einer geringeren Abnahme am Ende des Monats Mai - und einem regelrechten Run am 1. Juni.

"Historischer Run" auf Tankstellen erwartet

Duraid El Obeid rechnet langfristig wieder mit steigenden Preisen an den Tankstellen.
Duraid El Obeid rechnet langfristig wieder mit steigenden Preisen an den Tankstellen.  © PR/bft/Sandra Kühnapfel

El Obeid rechnet mit einem Ansturm, der "historisch" sein soll. "In dieser Zeit brauchen alle Tankstellen noch mehr Kraftstoff", sagt er.

Doch die Sprit-Händler haben nicht unbegrenzt Rohstoff zur Verfügung. Der Tankverbands-Vorsitzende, der selbst 140 Tanken in Deutschland, vor allem in Berlin, Brandenburg und Sachsen, unter den Marken "Sprint" und "GO!" betreibt, erklärt, dass es schon jetzt schwierig sei, spontan mehr Kraftstoff zu bestellen.

Vor allem die oftmals selbstständigen Betreiber von kleineren Tankstellen könnten dann ab Juni in die Bredouille kommen. "Ohne Einkaufsmacht sind sie darauf angewiesen, was sie am Markt bekommen können", weiß Duraid El Obeid.

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Doch viel wird nicht übrig bleiben, wenn die großen Ketten sich auf den Ansturm vorbereiten. "Das könnte die Tankstellenbetreiber doch sehr unter Druck setzen."

Der Tank-Experte schätzt, dass die Kleinunternehmer "nicht ausreichend oder nicht rechtzeitig Mineralöl auf dem Markt werden einkaufen können".

"Ob sie dann gar kein Benzin oder Diesel mehr anbieten können? Das weiß man nicht", so El Obeid. "Sie würden dann sicher die Preise anheben."

Tankstellen könnten leer laufen

Tankstellen droht nach einem "historischen Run" der Leerstand. Dann kann kein Kraftstoff mehr verkauft werden, weil keiner vorrätig ist.
Tankstellen droht nach einem "historischen Run" der Leerstand. Dann kann kein Kraftstoff mehr verkauft werden, weil keiner vorrätig ist.  © Steffen Füssel

Und wenn die Preise angehoben wurden und die Leute dennoch tanken, droht der Leerstand im Sprit-Tank. Dies werde "aber meines Erachtens nicht nur freie Tankstellen treffen", erwartet El Obeid.

In der Wirtschaftswoche gab der Tankstellen-Betreiber zudem die Prognose ab, dass er bald wieder mit Preisen von etwa 2,20 Euro/Liter Benzin rechne.

Sollten die Kraftstoffe nicht mehr durch die Pipelines, sondern per Zug oder Schiff geliefert werden, würde sich das auch auf den Preis auswirken.

Tank-Rabatt: So viel Nachlass gibt's ab Juni

Berufskraftfahrer demonstrierten kürzlich in Sachsen per Auto-, Laster- und Bus-Korso gegen die steigenden Preise.
Berufskraftfahrer demonstrierten kürzlich in Sachsen per Auto-, Laster- und Bus-Korso gegen die steigenden Preise.  © B&S/Bernd März

Befristet auf drei Monate gibt es ab 1. Juni einen Nachlass beim Tanken, den Christian Lindner (43, FDP) Ende März vorstellte.

So viel Rabatt gibt es an den Tankstellen:

  • etwa 30 Cent/Liter auf Benzin
  • circa 14 Cent/Liter auf Diesel
  • 4,54 EUR/MWh bzw. etwa 6,16 ct/kg auf Erdgas (CNG/LNG)
  • 238,94 EUR/Tonne bzw. etwa 12,66 ct/Liter auf Flüssiggas (LPG)

Die Ampel-Koalition einigte sich darauf und beschloss neben der Energiesteuer-Absenkung auf Kraftstoffe eine Energiepreispauschale sowie Hilfen für Familien und Geringverdiener.

Titelfoto: Montage: Max Patzig, B&S/Bernd März

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