Von Frank Christiansen
Neuss - Eine umstrittene Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen ist nach Angaben der nordrhein-westfälischen Landesregierung abgesagt worden.
Dies habe der Chef des Auktionshauses telefonisch Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski (40, CDU) mitgeteilt, sagte ein Sprecher Liminskis. Die umstrittenen Lose waren aus der Online-Vorschau des Auktionshauses in Neuss am Sonntag verschwunden.
Nach dem Internationalen Auschwitz-Komitee hatte auch Außenminister Johann Wadephul (62, CDU) die geplante Versteigerung scharf kritisiert. "So etwas gehört sich schlicht und ergreifend nicht, und es muss klar sein, dass wir eine ethische Verpflichtung haben gegenüber den Opfern, derartige Dinge zu unterbinden", sagte Wadephul zu Beginn einer Auslandsreise in mehrere Balkan-Staaten.
Er habe mit seinem polnischen Amtskollegen Radoslaw Sikorski (62) über den "ungeheuerlichen Vorgang" gesprochen, sagte Wadephul. Er sei sich mit ihm "völlig einig, dass ein solcher Versuch, ein Geschäft mit dem Verbrechen der Schoah zu machen, abscheulich ist und unterbunden werden muss".
"Wir haben zur Kenntnis genommen, dass jetzt für morgen eine Auktion offensichtlich nicht mehr beabsichtigt ist und auch Dinge von den Internetseiten verschwunden sind", sagte Wadephul weiter. "Ich erwarte aber, dass dieser Vorgang aufgeklärt wird und dafür Sorge getragen wird, dass ein derartiges Auktionsgeschäft in Deutschland nicht stattfindet."
Internationales Auschwitz-Komitee kritisierte geplante Auktion
Kulturstaatsminister Wolfram Weimer (61, parteilos) begrüßte, dass die Auktion abgesagt wurde.
"Dokumente oder Gutachten von NS-Verbrechern, die jetzt bei der Auktion angeboten wurden, sind nichts für private Sammlungen. Diese zeitgeschichtlichen Dokumente von Leid und Verbrechen sind in Gedenkstätten, Museen und Forschungseinrichtungen richtig aufgehoben", teilte er der Deutschen Presse-Agentur mit.
Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz-Komitees, Christoph Heubner, hatte am Samstag in Berlin mitgeteilt, die angekündigte Versteigerung persönlicher Dokumente von NS-Opfern werde von Holocaust-Überlebenden und ihren Angehörigen als "zynisches und schamloses Unterfangen" gewertet.
Das Leid aller Menschen, die von den Nazis verfolgt und ermordet wurden, werde aus kommerziellem Interesse missbraucht. Dokumente der Verfolgung und des Holocaust gehörten den Familien der Verfolgten.
Sie sollten in Museen oder in Ausstellungen von Gedenkstätten ausgestellt und nicht zu Handelsobjekten degradiert werden. "Wir fordern die Verantwortlichen des Auktionshauses auf, menschlichen Anstand zu bewahren und die Auktion abzusagen", hatte Heubner appelliert.
Das Auktionshaus wollte die Versteigerung unter dem Titel "Das System des Terrors Vol. II 1933–1945" am Montag starten.