Wildenfels - In der Adventszeit betritt Bäckermeister Thomas Unger (58) montags früh allein die Backstube und wiegt die Zutaten der "Echten Wildenfelser Pfefferkuchen" im Geheimen ab. Das genaue Rezept kennt nur er: "Es stammt noch von meinem Urgroßvater, der die Bäckerei 1909 eröffnet hat." Einige Stunden später zieht ein feiner, würziger Duft bis vor das Haus und zeugt von einer Tradition, die vor mehr als 200 Jahren in der kleinen westsächsischen Stadt gewachsen ist.
Noch 1925 listet eine Festschrift sieben Pfefferküchlereien in Wildenfels (Landkreis Zwickau) auf. Heute ist Thomas Unger der letzte Pfefferkuchenbäcker. "Die Herstellung ist reine Handarbeit. Zum Ausrollen des Teiges benutzen wir eine Walze und Ausstechformen, die schon mein Opa verwendet hat", erzählt er.
Zehn bis 15 Minuten bleiben die Herzen, Vierecke, Schnee- und Weihnachtsmänner im Ofen. Danach werden sie mit heißem Zucker einzeln glasiert. Das Typische am Wildenfelser Pfefferkuchen: "Er ist mürbe, würzig und sehr bekömmlich", beschreibt Annett Unger (56) das Traditionsgebäck, mit dem viele Ur-Westsachsen Kindheitserinnerungen verbinden.
"Wir bekommen Bestellungen von Leuten, die mal in der Gegend gewohnt haben und sich jetzt ihre Pfefferkuchen nach Baden-Württemberg, Österreich oder in die Schweiz schicken lassen."
Auch die Verpackung hat sich seit vielen Jahren nicht geändert: "Die eckigen Pfefferkuchen werden zu kleinen Paketen verschnürt. Die Papphäuschen mit dem altbekannten Muster lassen wir in einer Druckerei in Reinsdorf drucken", erzählt Annett Unger.
Was aus dem Wildenfelser Geheimrezept wird, wenn Thomas Unger eines Tages in den Ruhestand geht, ist offen: "Unsere Kinder haben andere Berufe ergriffen. Aber es wäre schön, wenn sich ein Nachfolger findet, der die Tradition in Wildenfels fortführt."