Nach Katar-Shitstorm: Sigmar Gabriel bekräftigt seine Aussagen zum WM-Gastgeberland
Berlin - Der ehemalige Außenminister Sigmar Gabriel (63, SPD) stellte sich zuletzt auf Twitter im Rahmen der diesjährigen WM in Katar hinter das Land und ärgerte sich über die deutsche Arroganz gegenüber den Gastgebern. Verglich sogar die dortigen Zustände mit denen der jungen Bundesrepublik. Dafür erntete er zwar heftige Kritik, bekräftigte jedoch nichtsdestotrotz seine Aussagen jetzt gegenüber "stern".

"Die deutsche Arroganz gegenüber Katar ist 'zum Ko…'!", schrieb der 63-Jährige am Samstag auf Twitter und erklärte: "Wie vergesslich sind wir eigentlich? Homosexualität war bis 1994 in D (Anm. d. Red.: Deutschland) strafbar. Meine Mutter brauchte noch die Erlaubnis des Ehemanns, um zu arbeiten. 'Gastarbeiter' haben wir beschissen behandelt und miserabel untergebracht."
Was der frühere SPD-Politiker damit sagen will?
"Auch wir haben Jahrzehnte gebraucht, um ein liberales Land zu werden. Fortschritt kommt nicht über Nacht, sondern Schritt für Schritt. Das galt für D und gilt auch jetzt für Katar. Die UNO, die ILO loben das Land für seine Reformen. Nur wir Deutschen beleidigen es jeden Tag."
Viele Politiker, darunter auch Volker Beck (61, Grüne), reagierten auf das Gezwitscher des ehemaligen Außenministers entsetzt. "Sie setzen allen Ernstes die Situation von Homosexuellen in Deutschland 1994 mit der von Katar 2022 gleich? Sie haben doch einen Sprung in der Schüssel mit Ihrer Despotenversteherei. Jetzt reicht es aber langsam!"
Statt sich zu entschuldigen oder seine Aussagen zu revidieren, bestärkte Gabriel diese jetzt noch einmal gegenüber "stern".
Politiker ärgern sich über Sigmar Gabriels Tweet
Sigmar Gabriel wünscht sich mehr Respekt für Katars Fortschritte

"Mein Tweet hat natürlich provoziert und das sollte er auch. Weil ich mich seit geraumer Zeit über die Überheblichkeit gegenüber Katar ärgere", erklärte der 63-Jährige dem Magazin.
Zwar sehe er die Probleme, die es in dem Land gibt, "und das übrigens gegenüber den Kataris auch sage. Ich sehe aber ebenso, was sich dort in den letzten Jahren alles zum Besseren getan hat."
In Deutschland werde das komplett ausgeblendet. "Stattdessen überziehen wir das Land mit maßloser Kritik und helfen ungewollt denen, die in Katar Gegner der Reformen des Emirs sind."
Diese würden die Angriffe aus Deutschland als Ausrede nutzen, um alles so zu belassen, wie es war, führt Gabriel weiter aus: "Die sagen jetzt: 'Egal, was wir machen, wir werden immer beschimpft.'"
Zwar sei Katar noch deutlich von "unseren Standards" entfernt, "doch gerade wir Deutschen müssten doch wissen, dass Reformen nicht über Nacht alles gut machen. Sondern dass sie Schritt für Schritt kommen."
Gabriels Wunsch: "Sagen, was sich noch verändern muss. Aber auch respektieren, was schon erreicht wurde. Was wir jetzt erreicht haben, ist doch, dass die Kataris beginnen, die Ohren zu verschließen."
Titelfoto: Carsten Koall/dpa