Nach brutalem Eklat: FC-Köln-Geschäftsführer außer sich, Nizzas Bürgermeister droht dem Verein

Nizza – Es hätte ein Fußball-Fest werden sollen, doch dann kam alles anders. Nach den Ausschreitungen vor dem Spiel Nizza gegen Köln wäre fast gar kein Fußball mehr gespielt worden. Das Spiel fand statt, es war sogar ansehnlich und endete 1:1, doch darüber sprach nachher kaum jemand.

Die FC-Hooligans rasteten noch vor Spielbeginn aus und gingen auf die Nizza-Fans los.
Die FC-Hooligans rasteten noch vor Spielbeginn aus und gingen auf die Nizza-Fans los.  © DPA

Christian Keller (43) redete nicht drumherum. "Das geht mir richtig auf den Sack", sagte der Geschäftsführer des 1. FC Köln am Donnerstag nach dem 1:1 beim OGC Nizza in der Conference League.

Der Eindruck der Bilder der Ausschreitungen überlagerte auch kurz vor Mitternacht an der Cote d'Azur alles, auch wenn das Spiel trotzdem stattgefunden hatte und der FC sich einen verdienten Achtungserfolg erkämpft hatte. Am späten Abend sprach die Polizeipräfektur Nizza von 32 Verletzten.

Keller stellte klar, dass der Verein "mit aller Härte und Entschlossenheit" versuchen werde, die Beteiligten an den Krawallen zu ermitteln. "Ich weiß nicht, ob das 50, 60 oder 70 waren. Es waren auf jeden Fall sehr, sehr wenige", sagte er. "Aber wir werden alles probieren, um möglichst viele rauszuziehen. Und die schließen wir dann aus, die werden nix mehr machen."

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Die Konsequenzen für den Verein seien "noch nicht abzusehen. Ich will auch nicht spekulieren. Da gibt es sicher eine große Bandbreite."

Spieler bekamen Bilder erst später zu sehen

Das Spiel musste pausiert werden. Die Spieler, hier Mark Uth (31), mussten auf den verschobenen Anpfiff warten.
Das Spiel musste pausiert werden. Die Spieler, hier Mark Uth (31), mussten auf den verschobenen Anpfiff warten.  © Friso Gentsch/dpa

Von ihren Profis hatten die FC-Verantwortlichen die Bilder von den Geschehnissen fern gehalten. Die Nachrichten, die durchsickerten, waren belastend genug. Und dann leistete die Mannschaft vor dem um 55 Minuten verspäteten Anpfiff einen Schwur.

"Wir haben der Mannschaft gesagt: Denkt an die friedlichen 7900 Jungs und versucht, alles so gut wie möglich für sie auszublenden", sagte der etatmäßige Co-Trainer André Pawlak (51), der seinen gesperrt auf der Tribüne sitzenden Chef Steffen Baumgart (50) vertrat.

Stürmer Steffen Tigges (24), der beim 1:1 in der 19. Minute die Kölner Führung erzielt hatte, hatte sich mit den Bildern vom friedlichen Fanmarsch am Mittag durch die Stadt motiviert. "Diese Bilder bleiben", sagte der Ex-Dortmunder: "Die haben uns gepuscht. Denn dass die paar Chaoten für den Verein stehen, stimmt nicht. Die Fans, die richtig Stimmung gemacht haben, die stehen für den Verein."

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Der wie in den Wochen häufig überragende Torhüter Marvin Schwäbe (27) sah es ähnlich. "Einerseits ist das, was da passiert ist, nicht wert, dass man drüber redet, denn das gehört nicht in den Fußball", sagte er: "Andererseits muss man sich auch klar von sowas distanzieren und sagen, dass diese Leute im Stadion nix zu suchen haben." Immerhin, so stellte Schwäbe klar: "Hier waren 8500 Fans, und die Mehrheit hat eine klare Birne."

Zuschauer und Fußballfans zeigten sich ebenso fassungslos und ließen sich in den sozialen Medien über die Gewalttäter aus.

Twitter-Nutzer kommentieren Ausschreitungen

Auch Lucien Favre ist entsetzt

Am Morgen nach dem Spiel ist die Lage weiterhin unübersichtlich. Die Polizei berichtet von 32 Verletzten.
Am Morgen nach dem Spiel ist die Lage weiterhin unübersichtlich. Die Polizei berichtet von 32 Verletzten.  © DPA

Keller schilderte den Ablauf wie folgt: "Mein Informationsstand ist, dass zuerst Hooligans aus Nizza in unseren Fanblock eingedrungen sind. Daraufhin sind Hooligans aus unserem Fanblock, die größtenteils aus Paris kommen sollen und als Kölner verkleidet waren und natürlich ein paar aus Köln hinterher."

Die Leute, die das gemacht haben, müsse man ausfindig machen und ohne jeden Kompromiss und mit voller Härte betrafen. "Sie dürfen nie, nie wieder ins Stadion kommen, zumindest nicht ins Kölner." Viele FC-Fans sangen während der Ausschreitungen: "Wir sind Kölner und ihr nicht."

Auch Nizza-Coach Lucien Favre (64) äußerte sich zu den gewalttätigen Ausschreitungen. Er rechnet nicht mit einer Bestrafung in Form eines Geisterspiels für die Franzosen.

"Nein. Und das wäre auch ungerecht. Denn unsere Fans haben überhaupt keine Schuld an dem, was passiert ist", sagte der ehemalige Bundesliga-Trainer von Hertha BSC, Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund.

Er sei "absolut entsetzt" über die Vorfälle, sagte der Schweizer. "Aber ich war dafür, dass wir spielen. Auch, weil es kein anderes Datum gegeben hätte, um das Spiel nachzuholen."

Nizzas Bürgermeister ist sauer

Müllberge in der Stadt

Auch in der Stadt richteten die Fans Schaden an und hinterließen Müll.
Auch in der Stadt richteten die Fans Schaden an und hinterließen Müll.  © DPA

Vor dem Spiel waren Tausende FC-Fans durch die Stadt gezogen und hatten mit Karnevalshits und einem großen Umzug die Rückkehr ihres Vereins in den Europapokal gefeiert.

Nizzas Bürgermeister Christian Estrosi (67) war allerdings verärgert über die Hinterlassenschaft und das Verhalten von FC-Anhängern.

"Ich bedauere das unhöfliche und skandalöse Verhalten der Kölner Fans und den mangelnden Respekt gegenüber der Stadt, die sie großzügig und brüderlich empfängt", twitterte er mit Fotos von Müllresten in der Stadt.

"Die Rechnungen für Schäden und die Reinigung öffentlicher Plätze werden wir an den Kölner Verein schicken", kündigte er an.

Titelfoto: DPA

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