Ex-Union Spieler Baumgartl über Ängste: "Für mich ist es ein Zeichen von Stärke, zur Therapie zu gehen"

Berlin - Kaum eine Branche ist so knallhart wie die des Profifußballs. Es geht um so viel Geld, und der Sportler an sich wird meist nur als Mittel zum Zweck gesehen. Ex-Union Berlin-Spieler Timo Baumgartl (27) machte seine Meinung zu diesem Thema erst vor Kurzem öffentlich.

Der Innenverteidiger machte in dieser Spielzeit nur acht Spiele für Union Berlin. (Archivbild)
Der Innenverteidiger machte in dieser Spielzeit nur acht Spiele für Union Berlin. (Archivbild)  © Daniel Karmann/dpa

Timo Baumgartl gehörte am letzten Samstag zu den Spielern, die an der Alten Försterei von den Fans der Eisernen verabschiedeten.

Der Innenverteidiger war zwei Spielzeiten lang an die Ost-Berliner ausgeliehen und in der Hauptstadt durchlebte der 27-Jährige die bis dato schwierigste Phase seiner Karriere.

Im Frühjahr 2022 bekam der ehemalige Spieler des VfB Stuttgart und der PSV Eindhoven die Diagnose Hodenkrebs. Nach monatelanger Chemotherapie hat Baumgartl erst jetzt, also knapp anderthalb Jahre später, das Gefühl, dass er wieder auf seinem alten Level Fußball spielen kann.

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Die Zeit, in der der gebürtige Böblinger gegen den Krebs kämpfte, nagte vor allem am eigenen Nervenkostüm. In einem Interview mit dem "Stern" machte der Innenverteidiger, der sich im Sommer auf Vereinssuche begeben muss, deutlich, dass Spieler im Fußball quasi eine "Ich-AG" sind.

"Für mich ist es ein Zeichen von Stärke, zur Therapie zu gehen", sagte der Ex-Unioner.

Mitspieler seien zwar da und hören zu, aber auch nur dann, wenn es bei ihnen selbst gut läuft.

Mentale Belastung ist immer noch ein Tabu-Thema

Timo Baumgartl (27) wurde am Samstag beim Spiel gegen Bremen verabschiedet. (Archivbild)
Timo Baumgartl (27) wurde am Samstag beim Spiel gegen Bremen verabschiedet. (Archivbild)  © Soeren Stache/dpa

Trotz der Tatsache, dass Themen wie Depressionen oder auch Selbstzweifel nach wie vor ungern angesprochen werden, zeigt sich die Gesellschaft auf einem guten Weg. Anders der Profifußball, für den es nach wie vor rein um das Sportliche geht.

Der Innenverteidiger sagte dazu im Interview mit dem "Stern": "Das ist absurd, weil im Fußball versucht wird, jedes Prozent Leistung aus einem Sportler herauszuholen. Warum schaut man dabei nur auf den Körper und nicht auf die Seele?"

In der Branche gehe es weiter einzig und allein darum, auf dem Feld zu funktionieren und dadurch lernen die Spieler sehr schnell, ihre eigenen Bedürfnisse hinten anzustellen.

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"Mit der Zeit legst du dir einen Schutzpanzer zu. Schiebst alles weg, schweigst über das, was dich bedrückt. Viele Spieler würden über ihre Ängste gern sprechen, wenn sie könnten. Da bin ich mir sicher", sagte Baumgartl zu dieser Problematik.

Es wäre den Spielern zu wünschen, dass im Profifußball irgendwann eine andere Haltung zu dieser Thematik eingenommen wird.

Auch nach überstandener Hodenkrebsbehandlung befindet sich der 27-Jährige weiterhin in psychologischer Behandlung.

Titelfoto: Daniel Karmann/dpa

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