Reicher FC Bayern im Katar-Dilemma: Hoeneß tobt, Denkzettel für Präsident Hainer

München - Dieses Mal gab es keine wütenden "Hainer-raus"-Rufe, sondern nur böse Worte von Ehrenpräsident Uli Hoeneß (70). Das Streitthema Katar eskalierte nicht wieder in Tumulten und wüsten Pöbeleien. Und zum Glück erwies sich auch eine "vage Bombendrohung" am Ende der fast fünfstündigen Jahreshauptversammlung des FC Bayern München als folgenloser Schreckmoment.

Herbert Hainer (68) erhielt bei seiner Wiederwahl nur 83,3 Prozent Zuspruch.
Herbert Hainer (68) erhielt bei seiner Wiederwahl nur 83,3 Prozent Zuspruch.  © Angelika Warmuth/dpa

Und so konnte Herbert Hainer (68) am Vorabend des so wichtigen Bayern-Spiels in der Fußball-Bundesliga gegen den SC Freiburg äußerlich gelassen mit dem Denkzettel umgehen, den ihm die knapp 1400 Mitglieder mit nur 83,3 Prozent Ja-Stimmen bei seiner Wiederwahl verpassten.

2019 war der 68 Jahre alte frühere Adidas-Chef noch mit 98,1 Prozent Zustimmung zum Nachfolger von Hoeneß gekürt worden.

"Insgesamt ist die Versammlung sehr gut gelaufen, mit vielen konstruktiven Wortbeiträgen. Ich bin zufrieden", sagte Hainer zu später Stunde. Er bewertete den Abend im Vergleich zum chaotischen Mitgliederkonvent 2021 als "Bayern-like".

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Sein mäßiges Ergebnis führte der Präsident auch auf die Kontroverse um das von Teilen der Fans abgelehnte und aktiv bekämpfte Katar-Sponsoring des Rekordmeisters zurück. "Das Thema hat sicherlich mitgespielt", sagte Hainer.

Im Ton vergriff sich am Samstagabend im Audi Dome alleine Ehrenpräsident Hoeneß, der den prominenten Katar-Kritiker Michael Ott verbal attackierte. "Ihr Auftritt war peinlich. Das ist der Fußballclub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International", zischte Hoeneß.

Ott war "überrascht", dass ihm Hoeneß "ein paar böse Worte" an den Kopf warf. Er selbst reagierte souverän. Hoeneß sei "sicherlich an keinem sachlichen Dialog interessiert, das hat man gemerkt".

FC Bayern: Kahn vertagt Katar-Lösung auf 2023

Uli Hoeneß (70), Ehrenpräsident des FC Bayern, konnte sich ein paar "böse Worte" in Richtung eines kritischen Vereinsmitglieds nicht verkneifen.
Uli Hoeneß (70), Ehrenpräsident des FC Bayern, konnte sich ein paar "böse Worte" in Richtung eines kritischen Vereinsmitglieds nicht verkneifen.  © Angelika Warmuth/dpa

Das Vereinsmitglied hatte in seinem Redebeitrag Vereinspräsident Hainer direkt gefragt, ob er den am Saisonende auslaufenden Sponsoring-Vertrag mit der Fluglinie Qatar Airways verlängern würde. "Die Frage kann ich heute nicht mit Ja oder Nein beantworten", entgegnete Hainer.

Die Aussage kostete ihn wohl Stimmen. Es werde erst nach der Weltmeisterschaft Ende des Jahres in Katar verhandelt, sagte Hainer.

Das Thema gärt im Verein weiter – und die Positionen bleiben kontrovers. Oliver Kahn (53) sprach von "Fortschritten bei Arbeitsrechten und Menschenrechten" in dem Emirat: "Niemand hat gesagt, dass Katar ein Land ist, in dem europäische Standards erfüllt werden. Aber wer etwas ändern und anstoßen will, muss Menschen begegnen, mit ihnen reden und sich austauschen, statt sie auszugrenzen."

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Nach der WM werde man "für den FC Bayern eine Lösung finden", kündigte der Vorstandschef an.

Ober-Kritiker Ott hörte "die Tendenz raus, dass es zu einer Verlängerung geht". Klar positioniert hat sich Hoeneß: Pro Katar-Partnerschaft.

Trotz Corona: FC Bayern erzielt Millionen-Gewinn

Leon Goretzka (27, l.-r.), Joshua Kimmich (27), Kingsley Coman (26) und Thomas Müller (33) unterhalten sich auf der Jahreshauptversammlung.
Leon Goretzka (27, l.-r.), Joshua Kimmich (27), Kingsley Coman (26) und Thomas Müller (33) unterhalten sich auf der Jahreshauptversammlung.  © Angelika Warmuth/dpa

Die Versammlung offenbarte das Sponsoring-Dilemma, in dem der Bundesliga-Krösus steckt. 665,7 Millionen Euro Umsatz und 12,7 Millionen Gewinn stehen in Corona-Zeiten für große Finanzkraft.

Genüsslich verwiesen Kahn und auch der im kommenden Jahr ausscheidende und mit Ovationen gefeierte Finanzvorstand Jan-Christian Dreesen (57) "gewaltige Verluste von 100 Millionen bis 250 Millionen Euro" bei anderen Topclubs, namentlich Juventus Turin oder Manchester United.

Auch Bayerns Luxuskader ist sehr teuer. Auf 325 Millionen Euro summierten sich die Personalkosten in der zehnten Meistersaison am Stück. Gleichzeitig sind Sponsoring und Vermarktung mit 225 Millionen Euro der größte Einnahmeposten.

Da fällt den Bossen ein Verzicht auf einen zweistelligen Millionenbetrag aus Katar natürlich schwer.

"Wir sind im Sponsoring absolute Spitze in Europa. Und das müssen wir auch sein", sagte Kahn deutlich. Das Financial Fairplay des Dachverbandes UEFA nannte er "ein stumpfes Schwert" ohne echte Sanktionen.

Ein starker Kader aber sei die absolute Voraussetzung, "um international vorne dabei zu sein", betonte Kahn. Seine Ziele für die laufende Saison sind die höchsten: Kahn will nicht nur den elften Meistertitel in Serie. Er habe sich auch die Finaltermine der Champions League und des DFB-Pokals "diesmal rot markiert - und zwar Bayern-rot".

Als Kahn das sagte, hatten Trainer Julian Nagelsmann (35) und die Bayern-Stars Thomas Müller (33), Joshua Kimmich (27), Leon Goretzka (27) und Kingsley Coman (26) die Versammlung aber schon verlassen.

Titelfoto: Angelika Warmuth/dpa

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