Gotham Knights ist vielleicht die beste Spiele-Enttäuschung des Jahres

Leipzig - Nachwuchsteam statt Flattermann. Mit "Gotham Knights" versucht sich Warner Bros. an einem Neustart ihrer preisgekrönten "Arkham"-Spiele samt neuen Helden und dem Tod des Dunklen Ritters Batman. Zwar sind die Fußstapfen dann doch zu groß, Spaß hatte unser Tester trotzdem.

In "Gotham Knights" bekämpft Ihr nicht als Dunkler Ritter Batman das Böse, sondern dürft in Form seiner Schützlinge (von links) Robin, Nightwing, Batgirl und Red Hood in den Kampf ziehen.
In "Gotham Knights" bekämpft Ihr nicht als Dunkler Ritter Batman das Böse, sondern dürft in Form seiner Schützlinge (von links) Robin, Nightwing, Batgirl und Red Hood in den Kampf ziehen.  © Warner Bros. Games

Ich schleiche mich durch einen hochmodernen Forschungskomplex, überwältige einige Wachen, schalte Kameras aus und arbeite mich so von Raum zu Raum. Plötzlich erblicke ich eine Gruppe Wissenschaftler. Sie rufen um Hilfe, wollen, dass ich sie befreie, bevor einer von ihnen von einem Laserstrahl getroffen wird und sich in einen Eiszapfen verwandelt.

"Alter Schwede!", entfährt es mir. "Das ist ja Mr. Freeze!"

Mehr als sieben Jahre nach dem Release von "Batman: Arkham Knight" versuchen sich Warner Bros. und Entwickler WB Games Montreal an einem Nachfolger ihrer preisgekrönten Adventure-Reihe.

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"Batman" wurde dabei kurzerhand gestrichen, der Flattermann segnet gleich zu Beginn des neuen Spiels das Zeitliche. Stattdessen übernehmen nun die "Gotham Knights", Batmans Schützlinge Tim Drake (Robin), Dick Grayson (Nightwing), Barbara Gordon (Batgirl) und Jason Todd (Red Hood).

Der große Schatten der Vorgänger

Die vier Nachwuchshelden können zwischen den Missionen frei ausgewählt werden. Jeder "Knight" verfügt dabei über individuelle Fähigkeiten. Batgirl beispielsweise kann Kameras und Kanonen ihrer Gegner hacken, um diese gegen sie auszuspielen.
Die vier Nachwuchshelden können zwischen den Missionen frei ausgewählt werden. Jeder "Knight" verfügt dabei über individuelle Fähigkeiten. Batgirl beispielsweise kann Kameras und Kanonen ihrer Gegner hacken, um diese gegen sie auszuspielen.  © Warner Bros. Games

Die Nachwuchshelden haben es dabei sichtlich schwer.

Nicht nur müssen sie in Gotham für Recht und Ordnung sorgen. Über all ihrem spielgewordenen Treiben schwebt auch noch der viel zu große Schatten ihrer "Vorgänger".

Die "Batman: Arkham"-Spiele waren zu ihrer Zeit Meilensteine des Action-Adventures, die mit starkem Gameplay, liebevoll gestalteten Spielwelten, spannenden Charakteren und einer noch spannenderen Geschichte Millionen von Spielern begeisterte.

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Nun sind die Entwickler von WB Games Montreal keine Anfänger mehr auf dem Gebiet, immerhin lieferten sie bereits den Ableger "Batman: Arkham Origins".

Doch wie bereits bei "Origins" so hat man auch bei "Gotham Knights" das Gefühl, dass das Studio der Aufgabe, an diese Meilensteine anzuknüpfen, ja sie nun sogar zu übertreffen, nie ganz gewachsen scheint.

Fragwürdige Arbeitsbedingungen im Hause Wayne

Wer will, kann zudem im Online-Koop zusammen mit Freunden losziehen.
Wer will, kann zudem im Online-Koop zusammen mit Freunden losziehen.  © Warner Bros. Games

"Gotham Knights" besitzt noch immer viele Tugenden seiner Vorgänger. Die Story um die vier jungen Helden ist erneut spannend geschrieben. Die Charaktere sind allesamt sympathisch und die Kämpfe haben nichts an ihrem Flow verloren.

Dem gegenüber stehen jedoch vor allem Rollenspiel-Elemente, die oftmals einfach nur aufgesetzt wirken, mitunter aber für mich auch schlichtweg keinen Sinn ergeben.

Jeder der vier Helden hat eigene Fähigkeiten bekommen, die sich durch Leveln der jeweiligen Figur freischalten lassen. Es gibt unzählige Herausforderungen in der Spielwelt, Gotham ist frei begehbar und natürlich kann auch Ausrüstung selbst hergestellt werden. Bei Letzterem beginnen dann jedoch schon die Probleme.

Warum müssen denn Batmans Sidekicks die Verbrecher beklauen, die sie dingfest nehmen, um sich daraus Anzüge und Waffen zu basteln? Der Dunkle Ritter bzw. Bruce Wayne ist einer der reichsten Menschen des DC-Universums und kann sich im Grunde alles leisten.

Zahlt der Mann seinen Angestellten etwa nicht genug?

"Ein neues Spiel? Das braucht doch Rollenspiel-Elemente!"

Neben Harley Quinn & Co. bekommen es die "Gotham Knights" als Oberbösewicht mit dem "Rat der Eulen" zu tun, einer zwielichtigen Organisation, die seit Jahrhunderten in Gotham City die Fäden zieht.
Neben Harley Quinn & Co. bekommen es die "Gotham Knights" als Oberbösewicht mit dem "Rat der Eulen" zu tun, einer zwielichtigen Organisation, die seit Jahrhunderten in Gotham City die Fäden zieht.  © Warner Bros. Games

Bei dem Wust an Aufgaben sollte das Gehalt schon stimmen. Die unzähligen Herausforderungen (mittlerweile übrigens ganz modern "Challenges" genannt) sorgten bei mir ziemlich schnell für Überforderung, bis ich sie irgendwann ignoriert habe.

Das Level-System ist im Grunde nur für das Freischalten von Fähigkeiten gut, weil Gegner ohnehin an das jeweilige Level angepasst werden. Die Zahl, die da im Menü über meiner Figur schwebte, hatte somit - zumindest für mich - überhaupt keine Bedeutung.

Und dann ist da noch Gotham City: Ja, die Stadt sieht schick aus, aber auf den Straßen ist meist so wenig los, dass ich mich eher wie in Chemnitz gefühlt habe als in der blühenden Metropole an der US-Ostküste. Die Grafik-Engine scheint dabei trotzdem regelmäßig an ihre Grenzen zu geraten. Immer wieder hatte ich während des Spielens mit Framerate-Einbrüchen zu tun, was den Spaß - gerade in der offenen Welt - ein ums andere Mal getrübt hat.

Und dennoch...

Fazit zu "Gotham Knights"

Hat mir "Gotham Knights" wirklich viel Spaß bereitet! Ich dachte zu Beginn, dass ich mich zwingen müsste, das Spiel zu testen, weil mir Batgirl, Robin & Co. zu comichaft und bunt im düsteren Gotham erschienen. Letztendlich war genau das Gegenteil der Fall und ich musste eher schauen, dass ich nicht noch die nächste Mission starte und die nächste und die nächste.

Ja, vieles in "Gotham Knights" wirkt aufgesetzt und generisch und es kann definitiv nicht mit seinen Vorgängern mithalten. Aber es ist eben trotzdem noch ein solides Spiel, weil die Story funktioniert, die Charaktere wirklich überzeugen und auch das grundlegende Gameplay noch immer Spaß macht.

Solltet Ihr dafür jetzt 60 bis 80 Euro Vollpreis ausgeben? Definitiv nicht. Aber wenn Ihr wie ich die alten Spiele mochtet und "Gotham Knights" irgendwann im Angebot landet, ist es auf jeden Fall einen Blick wert.

Titelfoto: Warner Bros. Games

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