Nach 46 Einsätzen für die "Sbornaja": Russischer Ex-Nationalspieler muss in den Krieg!

Moskau - Fassungslosigkeit bei Diniyar Bilyaletdinov (37) und seiner Familie! 2008 gehörte der Mittelfeldmann zum russischen Überraschungsteam, das sensationell ins Halbfinale der Europameisterschaft vordrang. Nun erhielt er ein Einzugsschreiben und soll im Ukraine-Krieg kämpfen.

Diniyar Bilyaletdinov (37) wurde im Rahmen der Teilmobilmachung der russischen Armee einberufen. (Archivfoto)
Diniyar Bilyaletdinov (37) wurde im Rahmen der Teilmobilmachung der russischen Armee einberufen. (Archivfoto)  © Martin Elliot / AFP

Das erklärte sein Vater Rinat (65) gegenüber der Seite sport.ru. "Diniyar hat tatsächlich einen Aufruf bekommen. Es ist schwierig, über diese Emotionen zu reden", so der 65-Jährige.

Der Papa des EM-Helden, einst selbst als Profi unter anderem für Lokomotive Moskau am Ball, hat aber noch einen Funken Resthoffnung, da die Einberufung offenbar einige Fragen aufwirft.

Zum einen habe Bilyaletdinov gar keinen richtigen Militärdienst geleistet. "Er hat nicht gedient. Er hat zwar seinen Eid abgelegt, aber es war ein spezieller Dienst mit einer sportlichen Ausrichtung. Er hat seinen kompletten Dienst mit Sport verbracht. Das war vor 19 Jahren, als er in der Jugend-Nationalmannschaft gespielt hat", sagte Rinat.

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Darüber hinaus sei er eigentlich schon zu alt. "Das Gesetz sagt immer noch, dass man nur Reservisten einziehen kann, die 35 oder jünger sind – und mein Sohn ist 37."

Der russische Präsident Wladimir Putin (69) hatte vor gut einer Woche die Teilmobilmachung der Armee und den damit verbundenen Einzug von insgesamt 300.000 Reservisten angeordnet. In der Folge kam es zu zahlreichen Protesten.

Mit der russischen Nationalmannschaft erreichte Diniyar Bilyaletdinov das EM-Halbfinale

Erfolgreiche Europameisterschaft mit der "Sbornaja": Diniyar Bilyaletdinov (37, r.) im Zweikampf mit Spaniens Sergio Ramos (36). (Archivfoto)
Erfolgreiche Europameisterschaft mit der "Sbornaja": Diniyar Bilyaletdinov (37, r.) im Zweikampf mit Spaniens Sergio Ramos (36). (Archivfoto)  © JAVIER SORIANO / AFP

"Wenn es eine generelle Mobilisierung wäre, gäbe es keine Zweifel. Aber der Präsident hat eine Teilmobilisierung befohlen, dann sollte auch alles nach dem Gesetz ablaufen", forderte der Vater des ehemaligen Offensivakteurs.

Und fügte an: "Wir werden jetzt herausfinden, ob das Schreiben korrekt ist, oder ob es vielleicht zu früh gesendet wurde. Es kann alles passiert sein."

Bilyaletdinov startete seine Profilaufbahn 2004 bei Lokomotive Moskau, für die er in den darauffolgenden fünfeinhalb Jahren 138 Einsätzen absolvierte, 38 Tore schoss sowie 28 Vorlagen verteilte.

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Bereits in seiner ersten Saison gewann er mit "Loko" die russische Meisterschaft und reifte außerdem zum Nationalkicker. Im August 2005 feierte er sein Debüt auf internationaler Bühne im WM-Qualifikationsspiel gegen Lettland.

Bei der EM 2008 in Österreich und der Schweiz gelang es ihm mit der "Sbornaja" erstmals seit Auflösung der Sowjetunion die Vorrunde zu überstehen.

Mit einem eindrucksvollen Sieg über die Niederlande erreichte das Team vom damaligen Coach Guus Hiddink (75) sogar das Halbfinale, wo man sich dem späteren Gewinner Spanien allerdings mit 0:3 geschlagen geben musste.

Der schussgewaltige Linksfuß stand dabei in allen fünf Partien auf dem Rasen.

Diniyar Bilyaletdinov spielte für den FC Everton in der Premier League

Diniyar Bilyaletdinov (37, r.) zeigte auf der Insel immer wieder einen guten Ansatz, der ganz große Durchbruch wollte ihm aber nicht gelingen. (Archivfoto)
Diniyar Bilyaletdinov (37, r.) zeigte auf der Insel immer wieder einen guten Ansatz, der ganz große Durchbruch wollte ihm aber nicht gelingen. (Archivfoto)  © PAUL ELLIS / AFP

Ein Jahr nach dem beeindruckenden Achtungserfolg wechselte der torgefährliche Mittelfeldmann für umgerechnet zehn Millionen Euro zum FC Everton in die englische Premier League.

Bei den "Toffees" stand er in zweieinhalb Jahren 77 Mal auf dem Rasen, wobei er 21 Scorerpunkte (neun Treffer, zwölf Assists) sammelte und vor allem mit seiner linken Klebe und atemberaubenden Distanzknallern auf sich aufmerksam machte.

Anschließend ging er zurück in sein Heimatland, wo er unter anderem noch für Spartak Moskau, Torpedo Moskau sowie Rubin Kasan spielte, bevor er die Fußballschuhe im Februar 2019 an den Nagel hängte.

Titelfoto: Martin Elliot / AFP

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