Erst Knast, nun Hausarrest: Sängerin soll Erdogan beleidigt haben

Istanbul - Die kürzlich wegen eines Scherzes über eine religiöse Bildungseinrichtung inhaftierte türkische Sängerin Gülsen (46) ist aus dem Gefängnis entlassen werden.

Die Sängerin Gülsen wurde aus dem Gefängnis entlassen und steht nun unter Hausarest.
Die Sängerin Gülsen wurde aus dem Gefängnis entlassen und steht nun unter Hausarest.  © depo photos / AFP

Ein Istanbuler Gericht habe am Montag entschieden, den Popstar stattdessen unter Hausarrest zu stellen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Zuvor hatte ihr Anwalt Einspruch gegen die Untersuchungshaft eingelegt.

Das Vorgehen gegen die beliebte Sängerin hatte nicht nur unter Künstlern im Land große Empörung ausgelöst.

Gülsen Bayraktar Colakoglu (46), wie sie mit vollem Namen heißt, war vergangenen Donnerstag verhaftet worden, weil sie im April bei einem Konzert scherzhaft gesagt hatte, die "Perversität" eines Kollegen sei auf dessen Zeit an einer Imam-Hatip-Schule zurückzuführen.

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Gülsen wird öffentliche Volksverhetzung vorgeworfen.

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Wer Witze über Erdogan macht, lebt in der Türkei gefährlich. Gülsen verglich den Despoten mit einem "Perversen".
Wer Witze über Erdogan macht, lebt in der Türkei gefährlich. Gülsen verglich den Despoten mit einem "Perversen".  © Adem ALTAN / AFP

Die Imam-Hatip-Schulen sind staatliche Bildungseinrichtungen, die einen Schwerpunkt auf religiöse Ausbildung haben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan (68) war etwa Schüler einer solchen Schule.

Aufgrund der zunehmenden Zahl der religiösen Schulen werfen Kritiker der AKP-Regierung eine Islamisierung der laizistischen Türkei vor.

Erdogan sagte am Montagabend, jene, die etwa nationale Werte beleidigten, könnten Strafen nicht entkommen. Den Namen der Sängerin erwähnte er dabei nicht explizit.

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Zahlreiche Künstler, Oppositionspolitiker, queere Netzwerke und andere Vereinigungen hatten die Freilassung Gülsens gefordert und die Inhaftierung als rechtswidrig kritisiert - darunter etwa der berühmte Sänger Tarkan (49). Auch vereinzelte Mitglieder der Regierungspartei hatten die Untersuchungshaft verurteilt.

Gülsen ist bekannt für ihre öffentliche Solidarisierungen mit LGBT+ und wurde auch dafür bereits mehrfach aus religiösen und Pro-Regierungskreisen kritisiert.

Titelfoto: Montage: Adem ALTAN / AFP, depo photos / AFP

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