Rufe nach Impfpflicht werden lauter: So wenige ErstImpfungen wie seit Februar nicht mehr
Berlin - Deutschland steht am Scheideweg. Während sich das Impftempo immer weiter verlangsamt, stieg die Inzidenz gestern den sechsten Tag in Folge. Wie also weiter? Das fragt sich auch Ethikratmitglied Wolfram Henn (60), der jetzt eine Impfpflicht für Lehrer und Kita-Angestellte ins Gespräch bringt.

"Wer sich aus freier Berufswahl in eine Gruppe vulnerabler Personen hineinbegibt, trägt eben besondere berufsbezogene Verantwortung", so der Humangenetiker zur Rheinischen Post.
"Wir brauchen eine Impfpflicht für das Personal in Kitas und Schulen."
Lehrkräfte und Erzieher sollten besonders Kinder unter 12 schützen, die keine Impfung bekommen können. Zwar hätten die kaum Risiko auf eine schwere Erkrankung, doch können "sie das Virus in ihre Familien tragen und Menschen aus Risikogruppen infizieren". Als Beispiel nannte Henn, der eine generelle Impfpflicht ablehnt, Krebspatienten, die während ihrer Behandlung keine Impfung bekommen könnten.
Auch Weltärzteboss Frank Ulrich Montgomery (69) kann sich Pflichtimpfungen für bestimmte Berufsgruppen vorstellen und ergänzt gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: "Auch in der Medizin sollten Ärzte und Schwestern zu ihrem Schutz, zum Schutz der ihnen anbefohlenen Patienten und zum Erhalt der Funktionen geimpft sein, wenn sie regelmäßig mit Covid-Patienten zu tun haben."
Jens Spahn möchte, dass sich die Deutschen impfen lassen
SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach fürchtet Glaubwürdigkeit der Politik bei Impfpflicht

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach (58, SPD) hat derweil Angst um die Glaubwürdigkeit der Politik und lehnt eine Impfpflicht deshalb ab.
Doch wie weiter mit dem Thema Impfen in Deutschland? Kassenärzte-Chef Andreas Gassen (59) bezeichnete jüngst bei Bild Impfquoten von 90 Prozent als "Science Fiction", die wir "niemals erreichen" werden.
Eine hohe Quote würde er "bei jenseits der 70 Prozent ansiedeln".
Selbst bis dahin ist es noch ein weiter weg. 58,5 Prozent aller Bundesbürger haben bis gestern mindestens eine Impfung erhalten, 42,6 Prozent sind komplett geschützt.
Am Sonntag wurden so wenige Erstimpfungen wie seit Februar nicht mehr verabreicht, so Gesundheitsminister Jens Spahn (41, CDU) auf Twitter.
"Anders als im Februar ist nun aber genug Impfstoff da. Es bleibt dabei: Bitte impfen lassen!"
Titelfoto: Michele Tantussi/REUTERS/POOL/dpa