Polizisten und TV-Team bei Leipziger Corona-Demo bedroht: "Ihr seid bald alle dran!"

Leipzig - Die Corona-Pandemie ist nicht gebannt. Während derzeit über Lockerungen auf Bundesebene diskutiert wird, ist bei den Montags-Demonstrationen der Maßnahmen-Gegner nach wie vor ein hohes Aggressionspotenzial vorhanden. Und es wird scheinbar eher heftiger als milder.

November 2021: Die Polizei steht Corona-Kritikern auf dem Leipziger Augustusplatz gegenüber.
November 2021: Die Polizei steht Corona-Kritikern auf dem Leipziger Augustusplatz gegenüber.  © Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

Sophia Maier (35) hat für das "Stern TV Spezial: #Why - Warum ist Deutschland so wütend?" unter anderem die Leipziger Polizei bei ihrer Absicherung von Demos und Gegenprotesten begleitet.

Seit Mai 2020 gab es dem Bericht zufolge 2945 Versammlungen mit mehr als 380.000 Teilnehmern in ganz Sachsen. Oberkommissar Robert Conrad (34) weiß, wie sich die Stimmung mit fortschreitender Zeit verändert hat.

"Man merkt auf jeden Fall den Unmut", so der Beamte. "Da wir als Vertreter des Staates unmittelbar greifbar sind für die Leute, wird der Unmut oft an uns ausgelassen, obwohl wir eigentlich gar nichts direkt damit zu tun haben."

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Pöbeleien gegen sich müsse man ertragen, sagt Bereitschaftspolizist Lucas Rautenberger. "Aber es gibt eine Grenze. Wenn es um Nationalsozialismus geht und wir als Nazis bezeichnet werden, hört es auch bei uns auf."

Das TV-Team begleitete unter anderem einen unangemeldeten Aufzug von Maßnahmen-Kritikern in Leipzig-Engelsdorf am vergangenen Montag.

Ein Redner richtete sich dort u.a. gegen Politiker: "Wir haben die Schnauze voll von Annalena Eierbock, oder wie sie heißt, Außenministerin. Wir haben die Schnauze voll von Herrn Lauterbach, der keine Zähne mehr im Maul hat. Wir haben die Schnauze voll von diesem System."

Politiker wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) bekommen immer wieder viel Hass in der Corona-Pandemie ab.
Politiker wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (58, SPD) bekommen immer wieder viel Hass in der Corona-Pandemie ab.  © Wolfgang Kumm/dpa

Stern-TV-Reporterin Sophia Maier auf Instagram

Fackel-Mob vor Wohnhaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping in Grimma

Heftige Anfeindungen gegen Stern-TV-Reporterin: "Verficktes Dreckspack!"

Vor dem Wohnhaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (63, SPD) gab es einen Fackel-Aufmarsch.
Vor dem Wohnhaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (63, SPD) gab es einen Fackel-Aufmarsch.  © Steffen Füssel

Während der Demo möchte Reporterin Sophia Maier mit Teilnehmern über ihre Beweggründe und Meinung sprechen.

Einer blockt ab ("Ich möchte nicht mit Euch reden, Ihr lügt!"), ein anderer droht ("Ihr seid bald alle dran, Handlanger!"), ein weiterer brüllt: "Nehm' die scheiß Kamera weg, wir haben dich mehrmals gebittet, Alter. Was soll denn die Scheiße?" Zu einem Polizisten sagt er: "Guck' hier nicht so blöd mit der scheiß Maske."

Dem Kamerateam wird "Dreckspack seid Ihr. Verficktes Dreckspack!", entgegnet, Maier als "Stern-TV-Fotze" beleidigt.

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Extremismus-Expertin Judith Rahner beobachtet ebenfalls, dass Hass und Wut gegenüber dem Staat auf Polizisten abreagiert werden. Und sie sieht eine bedrohliche Entwicklung: "Es hat sich einiges an Radikalität aufgebaut in den letzten zwei Jahren."

So auch beim Fackel- und Trillerpfeifen-Mob vor dem Wohnhaus von Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (63, SPD) in Grimma (Landkreis Leipzig).

"Es war Adventszeit und ich bin gerade zu Hause angekommen, wollte es mir gemütlich machen", erzählt die Politikerin in der Reportage über den Vorfall am 3. Dezember 2021. "Da ist für mich eine absolute Grenze überschritten. Man ist ja auch mit Kindern da gewesen. Sowas loszulassen, ist schon harter Tobak."

Die Polizei verhinderte am 25. Januar zudem eine AfD-Demo, wieder vor ihrem Haus.

Titelfoto: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbild/dpa

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