Kann man mit 100 Jahren noch Spaß am Leben haben? Eine Expertin klärt auf
München - Na, könnt Ihr Euch noch an Johannes "Jopi" Heesters erinnern? Der legendäre Schlagerbarde sang einst voller Inbrunst, dass er "100 Jahre alt" werde und erreichte das Alter auch. In der Tat werden das immer mehr Menschen in Deutschland. Im Jahr 2021 verzeichnete die Bundesrepublik mit 23.500 Menschen ab 100 einen neuen Rekordwert - knapp 18.900 von ihnen waren übrigens Frauen. Doch wie geht es unseren Oldies eigentlich?

Mit dieser Frage hat sich Daniela Jopp, Professorin und Psychologin an der Universität Lausanne, beschäftigt. Wir wollen "zeigen, wie unterschiedlich 100-jährige Leben sind und welche kulturellen und gesellschaftlichen Aspekte zu einem hohen Alter beitragen", betont die Wissenschaftlerin in einer Mitteilung der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie.
Doch was genau hat sie nun in ihrer eigenen Forschungsarbeit und der Analyse anderer herausgefunden? Die erste Erkenntnis, dass das Leben unserer Hundertjährigen vor allem durch ihre größeren und kleineren gesundheitlichen Probleme geprägt ist, erscheint recht naheliegend.
So fand eine Studie in Heidelberg vor einigen Jahren heraus, dass beispielsweise 94 Prozent von ihnen Seh- und/oder Hörprobleme haben. 72 Prozent sind von Erkrankungen betroffen, die die Mobilität einschränken, 60 Prozent haben sogenannte muskuloskelettale Erkrankungen - also solche, die den Haltungs- und Bewegungsapparat des Körpers betreffen.
Gleichzeitig, und das ist die überraschende Erkenntnis, gaben schon damals 83 Prozent der Befragten an, ihr Essen selbst zu sich zu nehmen. Das war im Vergleich zur vorherigen Studie eine deutliche Entwicklung zum Positiven. "Ebenso haben wir festgestellt, dass die kognitive Leistungsfähigkeit bei den heute Hundertjährigen besser ist", so Joppe.
Lebensqualität auch im hohen Alter durchaus möglich

Doch was ist das eigentlich für ein Leben, wenn man mit Hundert plus gesundheitlich eingeschränkt ist, die eigenen Freunde und vielleicht sogar Kinder schon gestorben sind und man sich zunehmend isoliert sieht? Durchaus ein gutes, betont die Wissenschaftlerin weiter!
"Die vielleicht zunächst überraschende Antwort ist: Ja, das geht sehr wohl! Dies belegen verschiedene Hundertjährigen-Studien." Eine Studie aus New York habe gezeigt, dass Hundertjährige weniger an Depressionen leiden. Aus Heidelberg kam die Erkenntnis, dass 80 Prozent mit ihrem Leben zufrieden seien - ein höherer Wert als in der Gruppe zwischen 80 und 95 Jahren. Auch aktuelle Ergebnisse aus der Schweiz belegen das.
"Ältere Menschen setzen eher auf kognitive Strategien, mit denen sie ein Problem umbewerten. Sie konzentrieren sich nicht auf ihren Gesundheitszustand, sondern eher darauf, dass sie am Leben sind – und schätzen dies", führt Joppe weiter aus.
So würden Menschen jenseits der Hundert optimistischer aufs Leben blicken als so manch junger Hüpfer in den Achtzigern und Neunzigern.
Weitere Ergebnisse möchte Daniela Jopp auf einer Konferenz zur "Vulnerabilität und Resilienz im sehr hohen Alter" im September präsentieren.
Titelfoto: Arne Dedert/dpa (Symbolfoto)