Braunkohle-Protest: RWE-Ort Lützerath wird zum neuen Widerstandsnest

Erkelenz - Einst konzentrierte sich der Protest gegen den Braunkohleabbau im Rheinischen Revier auf den Hambacher Forst. Nachdem "Hambi" bleibt, sind Aktivisten nach Lützerath gezogen. Der Tagebau steht dort inzwischen vor der Tür.

Die Braunkohle soll Deutschlands Energiebedarf absichern.
Die Braunkohle soll Deutschlands Energiebedarf absichern.  © Horst Konopke

"Willkommen in Lützerath" steht auf dem Banner über der holprigen Straße. Von Hand gemalt ist auch das Schild zum "Weg der Radikalisierung". Besucher sollen nicht ungefragt Fotos der Bewohner machen.

Viele der jungen Leute nutzen Tarnnamen, manche haben das Gesicht maskiert. Es geht konspirativ zu bei den Aktivisten, die in besetzten Häusern inmitten von Feldern und Rübenäckern leben.

Der Ort gehört RWE, die früheren Bewohner sind längst weggezogen.

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Die Räumung des Orts ist näher gerückt. Am Wochenende wurde beim Grünen-Bundesparteitag in Bonn eine Übereinkunft der grün geführten Wirtschaftsministerien in Bund und Land mit dem Energiekonzern RWE gebilligt - allerdings mit knapper Mehrheit.

Die Vereinbarung mit RWE sieht vor, dass der Kohleausstieg im rheinischen Braunkohlegebiet auf 2030 vorgezogen wird und fünf Dörfer am Tagebau erhalten bleiben. Aber auch, dass Lützerath abgebaggert wird. Die darunter liegende Kohle wird für die Energiesicherheit gebraucht.

Vom aktiven Widerstand gegen diese Entscheidung spricht die örtliche Initiative "Lützerath Lebt". "Noch dieses Jahr könnten dem Dorf unruhige Wochen bevorstehen", erklärte sie am Montag.

Schrille Töne kamen vom Aktionsbündnis "Ende Gelände": "Wir werden um Lützerath kämpfen, wie wir den Hambacher Wald verteidigt haben."

Lützerath-Abriss ist besiegelt

Schafe an der Abbruchkante zum Braunkohle-Tagebau Garzweiler II von RWE.
Schafe an der Abbruchkante zum Braunkohle-Tagebau Garzweiler II von RWE.  © David Young/dpa

Damals ging es um "Hambi", jetzt um "Lützi". Damit versuchen die Klimaschutz-Aktivisten an den Erfolg der Proteste vor vier Jahren mit damals Zehntausenden Menschen anzuknüpfen. Der Forst am Tagebau Hambach wurde am Ende nicht angetastet.

Der Einsatz war die größte Polizeiaktion in der Geschichte von Nordrhein-Westfalen. Die beteiligten Polizisten bekamen anschließend Sonderurlaub.

Der Landesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Michael Mertens, sieht aber einen großen Unterschied zu Hambach. Dort war zu Beginn der Räumung eine Klage am Oberverwaltungsgericht offen. Einige Wochen später ordnete das OVG einen vorläufigen Rodungsstopp an.

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Bei Lützerath sei das anders, sagt Mertens. "Eine rechtssichere Entscheidung ist gefällt." Es stünden aber noch Entscheidungen der Politik an. Es fehle noch die Kabinettsentscheidung der Landesregierung.

In Lützerath, das zur Stadt Erkelenz gehört, leben um die hundert Aktivisten. Mal mehr, mal weniger. Der Tagebau ist dem kleinen Ort bedrohlich nahe gerückt, hat Wiesen und Felder verschluckt. Am Wochenende kommen Ausflügler mit dem Auto oder Fahrrad und blicken in das große, graue Loch.

Titelfoto: Horst Konopke

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