Wo es um viel Geld geht, wird getrickst: Längst nicht alle Internet-Bewertungen sind echt!
Internet - Pfiffige Geschenke zum Geburtstag, Heimelektronik aus dem Internet, das Hotel im Urlaub: Wer Qualität sucht, orientiert sich dabei oft an Kundenbewertungen. Aber ist dieses Vertrauen gerechtfertigt? Immer öfter werden Kunden mit geschönten Kritiken geködert. Doch wie funktioniert diese Masche eigentlich und wer profitiert davon? Damit Ihr nicht auf Fake-Bewertungen hereinfallt, erklären wir, wie man manipuliertes Lob und gefälschte Kommentare erkennen kann.

Im Internet tobt ein Krieg um Sterne. Je mehr Sterne bei einer Bewertung für ein Produkt, Restaurant oder Hotel vergeben werden, desto häufiger werden sie gekauft, besucht oder gebucht.
Laut Studien lassen sich 70 Prozent der Käufer durch positive Kundenbewertungen beeinflussen - besonders dann, wenn sie sich zwischen mehreren Produkten entscheiden wollen.
Doch längst nicht alle Bewertungen sind echt! Experten schätzen, dass bereits jede fünfte Kundenrezension bei Online-Shops gefälscht ist, laut einer Untersuchung der Washington Post im Elektronikbereich bei Amazon sogar über 60 Prozent.
Allein bei Amazon werden laut eigenen Angaben jede Woche mehr als zehn Millionen Bewertungen eingestellt. Angeblich prüfen interne Algorithmen und künstliche Intelligenz jede einzelne, um gefälschte Rezensionen zu blockieren.
Zweifelsfälle werden menschlichen Ermittlern vorgelegt. Trotzdem könnten laut Bundeskartellamt "viele Portale deutlich mehr gegen die Veröffentlichung gefälschter Bewertungen tun".
"Stiftung Warentest" liefert unabhängige Vergleiche

So schreiben die Richtlinien von Google zwar vor, dass "Rezensionen auf wahren Kundenerlebnissen" basieren müssen. Doch hält sich auch jeder Rezensent daran?
Außerdem gilt: Produktbewertungen genau durchlesen! Denn manchmal werden nur die schnelle Lieferung, eine stoßsichere Verpackung oder das hübsche Aussehen als gut bewertet - nicht aber die Funktionalität und Qualität des Produktes selber!
Wirklich hilfreich sind unabhängige Vergleiche in Fachpublikationen wie "Stiftung Warentest".
Wer Bewertungen bei Kaufentscheidungen zu sehr Beachtung schenkt, sollte sich immer gewiss sein: Selbst echte Rezensionen sind immer nur Gefühlsbeschreibungen.
Wie wird getrickst? An miesen Maschen mangelt's nicht!

Gute Bewertungen sind käuflich. Denn mit Fake-Sternen lässt sich richtig Kasse machen. Spezielle Agenturen liefern sie auf Bestellung.
Bei einem Selbstversuch der Stiftung Warentest wurde sie von solchen Agenturen angewiesen, bei jeder vierten Kritik vier oder fünf Sterne zu vergeben.
In 21 Prozent der Fälle durften die Waren vorher nicht einmal ausprobiert werden. Umgedreht ließen sich auch geschönte Kritiken kaufen - zehn Top-Bewertungen für 99 Euro.
Eine andere Masche, um missliebiger Konkurrenz zu schaden: Die wenigen schlechten Kommentare zu einem Produkt werden über den Button "hilfreich" oder "besonders nützlich" bewusst markiert.
Damit rutschen sie in der Ansicht weiter nach oben und erscheinen relevanter als die vielen guten Bewertungen darunter. Die Folge: Kaufinteressenten werden abgeschreckt.
Amazon-Käufer werden in Telegram-Kanälen gesucht

Manche Firmen versenden kostenlos Produkte an "Testkunden", wenn diese sich dazu verpflichten, anschließend eine Top-Rezension auf der Plattform zu hinterlassen.
Der IT-Nachrichtendienst heise hat zudem eine Masche aufgedeckt, bei der zuerst in Telegram-Kanälen nach Käufern für Amazon-Produkte gesucht wurde - von Mode über Elektronik bis hin zu Sexspielzeug, immer aus China und nur No-Name-Produkte im Wert von unter 50 Euro.
Der Kaufpreis wurde per PayPal erstattet, wenn der Screenshot einer Fünf-Sterne-Bewertung und die Bestellnummer angegeben wurden. Den so zehntausendfach gekauften Jubelrezensionen war also nicht zu trauen.
Fallen in Bewertungen eine merkwürdige Satzstruktur, geschwollene Wortwahl und eine immer gleiche Satzlänge auf, könnten auch Maschinen am Werk gewesen sein und automatisch eine Rezension verfasst haben.
Zur Kontrolle den Wortlaut einfach mal bei Google eingeben. Tauchen dann genau dieselben Wörter auch noch bei anderen Produkten auf, ist das kein gutes Zeichen.
Woran man Fakes erkennt - Hierauf solltet Ihr achten!

Fingierte Bewertungen sind oft nicht einfach zu erkennen. Auf diese acht Hinweise solltet Ihr achten.
(1) Werbung statt Fakten
Perfekt, einmalig, hervorragend, Spitzenprodukt zum einmaligen Hammerpreis: Strotzt ein Text vor lauter lobhudelnden Adjektiven und Marketingfloskeln, steckt wahrscheinlich eine Werbeagentur dahinter. Vorsicht, wenn sich eine Bewertung wie ein Werbetext liest.
(2) Zu genaue Beschreibungen
Skeptisch sollte man werden, wenn kryptische Typenbezeichnungen oder immer wieder der vollständig ausgeschriebene Produktname genannt werden. Echte Käufer schreiben sie gewöhnlich nicht in ihre Bewertungen.
(3) Lange Texte
Verdächtig, wenn ein vermeintlicher Kunde in ellenlangen Ergüssen von einem Produkt schwärmt. Psychologen wissen: Wer sich geärgert hat, lässt seinen Frust in endlosen Texten Lauf. Zufriedene Kunden fassen sich dagegen meist kurz.
(4) Bewertungsflut
Das neue Handy gibt's noch gar nicht, aber das passende Zubehör ist schon top beurteilt. Werde stutzig, wenn ein Produkt erst wenige Tage auf dem Markt ist, aber schon Tausende und noch dazu meist beste Bewertungen hat.
Fake-Profile aus fernen Ländern

(5) Auf schlecht folgt viel gut
Vorsicht, wenn auf eine schlechte Bewertung zig Spitzen-Urteile folgen. Wollte sich hier vielleicht ein Anbieter mit gekauften Bewertungen von Mängelbeschreibungen reinwaschen?
(6) Fake-Profile enttarnen
Bei Anbietern wie zum Beispiel Amazon oder Google kann man auf das Profil des Verfassers klicken, um alle seine Kritiken anzusehen. Hat dort jemand zum Beispiel zehn Handys an nur einem Tag und auch noch ausnahmslos mit Bestnoten bewertet, handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um keine echte Verbraucherbewertung.
(7) Geografische Verteilung
Kommen alle Bewertungen aus einer Region oder gar aus einem fernen Land, ist Skepsis angebracht.
(8) Auf Branchen achten
Selten in Anspruch genommene und damit weniger bewertete Dienstleister sind besonders auf gute Google-Kommentare angewiesen. Statistisch ist deshalb die Gefahr fingierter Bewertungen bei Schlüsseldiensten, Kammerjägern oder Umzugsfirmen höher.
Titelfoto: Bildmontage: imago images/deandrobot, Olga Yastremska