Kommentar: Es ist das Fest der Liebe, nicht der Spaltung!
Leipzig/Kirchberg - Im Zwickauer Land hat die Polizei eine Skatrunde gesprengt, weil einer der drei Herren laut Corona-Reglement nicht hätte mit am Tisch sitzen dürfen. Der Hinweis kam aus der Nachbarschaft. TAG24-Redakteur Alexander Bischoff fragt sich in seinem Kommentar: Ist das schon der Vorgeschmack auf das Weihnachtsfest 2020?

Wird es etwa das Fest der Menschen, die hinter Gardinen sitzen und die Besucher ihrer Nachbarn zählen? Ein Fest der privaten Überwachung und offenen Rechnungen, die mit Tipps an Behörden beglichen werden?
Es wäre ein Rückfall in längst vergangene Zeiten. Ich erinnere mich noch genau an die schwarzen Tafeln in den DDR-Wohnblöcken, die den "Hausvertrauensmann" und "Hausbuchführer" auswiesen.
Diesen Blockwarten, oftmals "Informelle Mitarbeiter" der Staatssicherheit, war jeder Besuch anzuzeigen. Der aus dem Westen sogar binnen 24 Stunden.

Sozialpsychologie: Menschen neigen in Krisen zu autoritären Aggressionen

Mir kommt die beständige Mahnung meines Vaters in den Sinn, nicht zu laut Westradio zu hören, weil das die Nachbarn melden könnten.
Nach der Wende habe ich es in den Stasi-Akten unserer Familie gesehen, dass es keine Paranoia war. Die Nachbarschaft hatte ordentlich Informationen zusammengetragen.
Aus der Sozialpsychologie ist bekannt, dass Menschen in Krisen zu autoritären Aggressionen neigen. Dazu gehört das eigenmächtige Bestrafen all derjenigen, die sich vermeintlich dem gesellschaftlichen Konsens entziehen. Aktuell reicht es da schon aus, staatliche Maßnahmen nur zu hinterfragen oder eine andere Meinung zu äußern.
Weihnachten ist das Fest der Liebe. Wir sollten die gesellschaftliche Spaltung, die im Verlauf der Corona-Pandemie schon so viele Nachbarschaften, Freundeskreise und auch Familien geteilt, gar gesprengt hat, nicht auch noch an diesen Tagen befeuern. Deshalb: Miteinander reden statt denunzieren!
Titelfoto: Montage: dpa-Zentralbild / Ralf Seegers