Ein paar Glühweine und los: Kuriose Weltmeisterschaft lockt Hunderte an

Weidenthal - Die Frage nach der Turniervorbereitung wischt Mehrfachweltmeister Frank Schwender routiniert beiseite. "In meinem Alter geht man untrainiert in den Wettkampf, sonst ist man kaputt, bevor die Weltmeisterschaft überhaupt anfängt", sagt der 58-Jährige und lacht. "Ich habe über die Feiertage gut gegessen und getrunken. Also bin ich fit." Schwender steht auf dem Sportplatz im pfälzischen Weidenthal, um an diesem nasskalten Sonntag einen ungewöhnlichen Titel zum siebten Mal zu erringen: Weltmeister im Weihnachtsbaumwerfen.

Ein Teilnehmer wirft auf dem Gelände des Fußballclub Wacker eine Fichte. Zum 15. Mal wird die Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen ausgetragen.
Ein Teilnehmer wirft auf dem Gelände des Fußballclub Wacker eine Fichte. Zum 15. Mal wird die Weltmeisterschaft im Weihnachtsbaumwerfen ausgetragen.  © dpa/Uwe Anspach

Sein Erfolgsrezept: "Ein paar Glühwein, dann ist der Körper bereit." Zum 15. Mal organisiert der örtliche Verein Wacker das Turnier. 2020, vor der Corona-Pause, nahmen 92 Männer, 40 Frauen und 35 Kinder teil. Wie viele es diesmal sind, steht erst bei der Siegerehrung am Abend fest, da bis zuletzt Anmeldungen möglich sind.

Hunderte Zuschauer wollen in dem Ort unweit von Kaiserslautern sehen, wie Männer und Frauen Fichten über den hügelumsäumten Sportplatz schleudern. Im Hintergrund dröhnt Blasmusik der Weihermer Schneckenschleimer.

Fans schätzen gerade das Familiäre der Veranstaltung. Die Siegertrophäe, eine Elchfigur aus Holz, hat ein Weidenthaler handgemacht. Obwohl das Nadelgewächs längst auch anderswo in Deutschland über Plätze gepfeffert wird, gilt Weidenthal als Klassiker.

Ehepaar ist fassungslos: Bauarbeiten im Haus eröffnen Tor zu einer anderen Welt
Kurioses Ehepaar ist fassungslos: Bauarbeiten im Haus eröffnen Tor zu einer anderen Welt

Hier messen sich die Kontrahenten in drei Kategorien: Die Teilnehmer müssen eine etwa 1,50 Meter große Fichte wie einen Speer werfen, wie einen Hammer in der Leichtathletik schleudern und über eine Hochsprung-Latte bugsieren. Die Höhe bestimmen sie selbst. Die Einzelwerte werden addiert - wer auf den größten Gesamtwert kommt, gewinnt.

Schwender, Verkaufsleiter aus dem Nachbarort Frankeneck, gilt als ein Star der Szene. "Es ist in erster Linie eine Spaßveranstaltung, immer noch. Aber natürlich haben alle den Ehrgeiz, zu gewinnen", sagt er.

Die etwas andere "Weltmeisterschaft" wird von Jahr zu Jahr populärer

Jeder Teilnehmer hat bei der etwas anderen Weltmeisterschaft seine ganz eigene Technik, das Nadelgewächs möglichst weit von sich zu bewegen.
Jeder Teilnehmer hat bei der etwas anderen Weltmeisterschaft seine ganz eigene Technik, das Nadelgewächs möglichst weit von sich zu bewegen.  © dpa/Uwe Anspach

Dazu müsse jeder seine eigene Technik finden. "Wenn der Baum falsch geworfen wird, bläht er sich auf und fällt schnell." Schwender hält mit 25,01 Metern den - freilich inoffiziellen - Weltrekord. Sein Ziel an diesem Tag: "So weit und so hoch wie möglich zu werfen."

Das hat auch Margret Klein-Raber aus dem saarländischen Siersburg vor. "Klar will man vorne dabei sein. Aber der Nachwuchs drückt - schließlich bin ich Seniorin", sagt die 58-Jährige augenzwinkernd.

Wie Schwender ist Klein-Raber mehrfache Weltmeisterin und ebenfalls Weltrekordhalterin. Die leidenschaftliche Leichtathletin ist mit einem Nachteil angereist. "Ein grippaler Infekt vor Weihnachten hat mich etwas ausgebremst. Aber die Form ist schon wieder ganz gut." Das bestätigt sich im Wettbewerb: Die Saarländerin gewinnt souverän.

Mutter lässt Fünfjährige nur kurz allein: Das Ergebnis kann sich sehen lassen
Kurioses Mutter lässt Fünfjährige nur kurz allein: Das Ergebnis kann sich sehen lassen

Die "Gaudiveranstaltung", wie Schwender die WM nennt, wurde mit den Jahren immer größer - und augenzwinkernd beantragte der Verein 2017 die Aufnahme des Weihnachtsbaumwerfens in das Olympische Programm. Höflich, aber bestimmt lehnte das Internationale Olympische Komitee (IOC) ab. Die Regeln, hieß es, seien dann doch zu unterschiedlich.

Um benutzte Bäume handelt es sich nicht. Die neun Sportgeräte wurden am Vortag im Gemeindewald geschlagen und werden nach der WM an Ziegen verfüttert.

Intensive Vorbereitung Fehlanzeige: Weihnachtsbaum-Weitwurf lebt vom Spaß an der Sache

Gebrauchte Christbäume könne man nicht verwenden, da sie ihre Nadeln schnell verlieren und die Zweige leicht brechen, sagt WM-Sprecherin Silke Blum. Um dem Klamauk mehr Gewicht zu verleihen, wurde er vor einigen Jahren kurzerhand zur Weltmeisterschaft erklärt. Was treibt einen wie Schwender an? "Mich motiviert ein schöner Tag, an dem man alte Freunde und Bekannte trifft", sagt er. "Gewinnt man, ist es okay. Klappt es nicht, wird trotzdem gefeiert."

Am Ende wird Schwender Dritter, es gewinnt Jürgen Weis von der Mosel - mit 22,64 Metern. Zumindest den Weltrekord behält Schwender.

Titelfoto: dpa/Uwe Anspach

Mehr zum Thema Kurioses: