Auschwitz-Komitee fordert härtere Strafen gegen Nazi-Täter

Berlin - Vor deutschen Gerichten laufen auch 77 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch Verfahren, in denen es um Beihilfe zum Mord geht. Das Internationale Auschwitz-Komitee hält die Ahndung von Verbrechen der Nationalsozialisten trotz dieser Prozesse für unzureichend.

Im Konzentrationslager von Auschwitz wurden viele grausame Nazi-Verbrechen begangenen.
Im Konzentrationslager von Auschwitz wurden viele grausame Nazi-Verbrechen begangenen.  © dpa/Damian Klamka

"Bei den Überlebenden bleibt mit Blick auf die deutsche Nachkriegsjustiz und die Ahndung der Verbrechen in den Konzentrationslagern Empörung und Bitterkeit, weil die allermeisten Täter von der Justiz unbehelligt geblieben sind und völlig ungestört in Deutschland leben konnten", sagte der geschäftsführende Vizepräsident Christoph Heubner (73) der Deutschen Presse-Agentur.

Mit Blick auf den Prozess gegen einen mutmaßlichen früheren SS-Wachmann im Konzentrationslager Sachsenhausen sprach er dem Landgericht Neuruppin zugleich Anerkennung für den Aufklärungswillen aus.

Der heute 101-Jährige soll als damaliger SS-Wachmann im KZ Sachsenhausen der Anklage zufolge von 1942 bis 1945 Beihilfe zum Mord an mehr als 3.500 Häftlingen geleistet haben. Bisher bestreitet der Angeklagte, dass er in dem KZ überhaupt tätig war. Er gab an, er sei in der fraglichen Zeit als Landarbeiter bei Pasewalk (Mecklenburg-Vorpommern) tätig gewesen.

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Die Staatsanwaltschaft Neuruppin verweist auf Dokumente zu einem SS-Wachmann mit dem Namen, dem Geburtsdatum und dem Geburtsort des Mannes.

Sie fordert fünf Jahre Haft für den Angeklagten.

Christoph Heubner (73), Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees.
Christoph Heubner (73), Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees.  © dpa/Christoph Soeder

Christoph Heubner (73): Strafmaß viel zu niedrig

Das geforderte Strafmaß hat nach Ansicht des Vizepräsidenten symbolischen Charakter "angesichts dessen, was in Sachsenhausen geschehen ist und woran der Angeklagte mehr als offensichtlich seinen Anteil hatte". Das Strafmaß sei im Blick auf die angeklagte Beihilfe zum Mord an mehr als 3.500 Häftlingen "unverhältnismäßig, niedrig und schmerzlich für die Überlebenden und deren Angehörige".

"Die Überlebenden haben immer darauf hingewiesen, dass auch der kleinste Aufseher in jeder Minute im Lager Herr über ihr Leben und ihren Tod war und dass auch der kleinste Aufseher im großen Rad der Vernichtung und des Terrors unentbehrlich war", sagte Heubner.

Die Überlebenden und ihre Angehörigen hätten im Prozess gesprochen, der Angeklagte habe geschwiegen und geleugnet, sagte Heubner. "Und so ist diese Forderung der Staatsanwaltschaft für die Überlebenden auch eine Anerkennung ihres Leids und eine Antwort auf das Schweigen und Leugnen auch dieses SS-Täters, mit dem sie seit vielen Jahrzehnten immer wieder schmerzlich konfrontiert sind."

Titelfoto: dpa/Damian Klamka

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