Tierhasser am Werk? Immer mehr Giftanschläge auf Greifvögel

Coburg/Hilpoltstein - Sie werden Opfer von Tierhaltern, von Tierhassern und gelegentlich auch von Jägern: Die acht toten Greifvögel, die zuletzt im Landkreis Coburg verendeten, sind die jüngsten Fälle einer anhalten Serie von Giftanschlägen.

Das vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern zur Verfügung gestellte Bild zeigt eine tote Rohrweihe, die den Angaben nach vergiftet wurde. (Unbekanntes Aufnahmedatum)
Das vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern zur Verfügung gestellte Bild zeigt eine tote Rohrweihe, die den Angaben nach vergiftet wurde. (Unbekanntes Aufnahmedatum)  © Boyo Lessing/Landesbund für Vogelschutz/dpa

Wie im Vorjahr blieben die Todesfälle bei Vögeln, die von vergifteten Ködern fräßen, hoch, heißt es vom Landesbund für Vogelschutz Bayern (LBV) in Hilpoltstein.

Rund 60 tote Greifvögel wurden dem Verband in diesem Jahr bereits gemeldet - vor allem Rotmilane, Mäusebussarde und Habichte.

In rund 15 Fällen bestätigten Experten: Die Tiere wurden vergiftet. "Es gibt keinen Landkreis, wo nichts gewesen ist", sagt Andreas von Lindeiner, Fachbeauftragter des LBV für Naturschutz. Der Verband sammelt Fälle gemeinsam mit der Gregor Louisoder Umweltstiftung im Projekt "Tatort Natur".

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In den vergangenen Wochen starben nach Angaben des LBV im Landkreis Coburg insgesamt sechs Rohrweihen, eine Rabenkrähe und ein Rotmilan. Außerdem seien dem Verband zwei tote Hühner gemeldet worden, die vermutlich als Köder benutzt worden seien.

Die Greifvögel hätten von den Hühnern gefressen, die mit dem in der EU verbotenen Pflanzenschutzmittel E605 vergiftet worden seien. "Meine Einschätzung ist, dass ein Hühnerhalter aus der Region mit den präparierten Hennen einen Fuchs loswerden wollte", so der LBV-Vorsitzende Frank Reißenweber.

Der Verband hat Strafanzeige erstattet.

Täter kommen meist ungestraft davon: Aufklärungsquote tendiere gegen null

Das Foto zeigt tote Rotweihen, die ebenfalls vergiftet worden sein sollen. (Unbekanntes Aufnahmedatum)
Das Foto zeigt tote Rotweihen, die ebenfalls vergiftet worden sein sollen. (Unbekanntes Aufnahmedatum)  © Jungenheimer/Landesbund für Vogelschutz/dpa

Doch der oder die Täter werden wahrscheinlich davonkommen. Die Aufklärungsquote tendiere gegen null, sagt von Lindeiner. Wilderer würden die Giftköder - etwa Kadaver, Fleischabfälle oder Eier - nicht auf ihrem eigenen Grundstück ablegen, eine Zuordnung sei schier unmöglich.

Der Verband hat vor allem Haustier- und Geflügelhalter im Verdacht, die ihre eigenen Tiere vor den Greifvögeln schützen wollten. Auch Tierhasser kämen als Täter in Betracht, in seltenen Fällen auch Jäger.

Meist komme das hochpotente Gift Carbofuran zum Einsatz, das in Europa ebenfalls verboten ist. Es bleibt auch nach dem Tod des Tiers gefährlich - nicht nur für Aasfresser, sondern auch für Menschen oder etwa Hunde, die mit dem Kadaver in Kontakt kommen.

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Im vergangenen Jahr hatte der LBV bayernweit 127 tote Greifvögel registriert, von denen laut Untersuchungen 47 vergiftet worden waren - ein Höchstwert, der in diesem Jahr allerdings übertroffen werden könnte. Eine besondere Häufung registriert der Verband schon seit einiger Zeit in Niederbayern. Dort hat die Polizei 2021 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die den Tötungen gezielt nachgeht.

Bislang sei dabei kein Täter gefasst worden, teilt das Polizeipräsidium mit. In einer Aktion vom Februar hatten Einsatzkräfte große Gebiete mit Drohnen und Giftspürhunden durchsucht, um Köder rechtzeitig zu entdecken.

Seitdem ist der Polizei in Niederbayern nach eigenen Angaben kein neuer Fall toter Greifvögel mehr gemeldet worden.

Titelfoto: Boyo Lessing/Landesbund für Vogelschutz/dpa

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