Tierheime in Deutschland am Limit: "Werden den Winter nicht überstehen"

München - Zahlreiche "Corona-Tiere" und steigende Kosten bedrohen die Organisationen im Land. Der Deutsche Tierschutzbund ruft Politik und Gesellschaft deshalb dazu auf, für die Haustiere in Tierheimen einzustehen.

Chow-Chow Kron wartet im Münchner Tierheim auf neue Besitzer. Gerade Hunde brauchen oft eine zeitintensive Betreuung.
Chow-Chow Kron wartet im Münchner Tierheim auf neue Besitzer. Gerade Hunde brauchen oft eine zeitintensive Betreuung.  © Tierheim München

Der Tierschutz in Deutschland schlägt Alarm und ruft anlässlich des Welttierschutztages am 4. Oktober das Motto "Tierheime am Limit" aus.

"Oft verlassen sich Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit wie selbstverständlich darauf, dass Tierheime Anlaufstellen für Tiere und Tierhalter in Not sind. Das aber kann angesichts der prekären Lage vielerorts kaum noch gewährleistet werden", erklärt Thomas Schröder (57), Präsident des Deutschen Tierschutzbundes.

"Die politische Ignoranz der letzten Jahre dem praktischen Tierschutz gegenüber hat die Lage dramatisch zugespitzt. Bund, Länder und Kommunen müssen gemeinsam helfen", so Schröder.

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Durch eine neue Gebührenordnung steigen die Tierarztkosten. Hinzu kommen Mindestlohn, Inflation und vor allem die steigenden Energiekosten. Die sogenannten "Corona-Tiere", die mit dem Abflauen der Pandemie in den Tierheimen gelandet sind, bedürfen oft besonderer Betreuung. Gerade bei den Hunden ist diese oft zeitintensiv.

Außerdem muss damit gerechnet werden, dass die Spendenbereitschaft in der Bevölkerung abnimmt, da Bürger selbst von den Krisen-Themen betroffen sind und den Gürtel enger schnallen.

"Es ist zu befürchten, dass viele Tierheime den Winter nicht überstehen. Wir brauchen ein Rettungspaket", macht Schröder deutlich.

Volle Tierheime und keine Unterstützung: Corona-Hunde bringen Pfleger ans Limit

Die Katzenquarantäne in Münchner Tierheim ist proppenvoll.
Die Katzenquarantäne in Münchner Tierheim ist proppenvoll.  © Tierheim München

Tierschutzvereine, Tierheime und ähnliche Einrichtungen kümmern sich um Leistungen im Auftrag der öffentlichen Hand, wie die Betreuung von Fundtieren oder beschlagnahmten Tieren.

Doch von den politischen Verantwortlichen fühlen sich die Organisationen im Stich gelassen - nicht nur finanziell, sondern auch auf ordnungsrechtlicher Ebene.

Wären Heimtiere besser geschützt, würden Tierheime entlastet werden, so der Deutsche Tierschutzbund: Klare Regeln für Zucht, Haltung und Handel, ein Verbot des Onlinehandels mit Tieren und ein verpflichtender Sachkundenachweis für Tierhalter wären dringend nötig.

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Tierheim sind teilweise bereits dazu gezwungen, Aufnahmestopps zu verhängen, weil sie einfach keinen Platz mehr für neue Schützlinge haben.

Gerade die Hunde sind hier Sorgenkinder: In Corona-Zeiten als Welpe aus widriger Zucht illegal nach Deutschland gebracht, überstürzt angeschafft und bei Haltern gelandet, die vollkommen überfordert mit der Pflege eines Tieres waren.

Tierheim in München an der Belastungsgrenze: Lange Wartelisten für Abgabetiere

Neue Katzen kommen bei den Pflegerinnen im Münchner Tierheim an.
Neue Katzen kommen bei den Pflegerinnen im Münchner Tierheim an.  © Tierheim München

Auch das Münchner Tierheim ist seit Monaten an seiner Belastungsgrenze. "Wir bekommen jede Woche mehr Abgabeanfragen für Tiere rein als wir unterbringen können und wir führen in allen Abteilungen Wartelisten mit Menschen, die darauf warten, dass im Tierheim ein Platz für ihr Tier frei wird", berichtet das Tierheim in München-Riem.

Allein im Hundebereich gibt es eine Warteliste mit 70 Tieren. Bis ein Platz frei wird, können Wochen vergehen. Hinzu kommt der Fachkräftemangel in der Tierpflege, der die Lage zusätzlich verschärft.

Auch Tiere haben ein Recht auf ein würdiges Leben und den Schutz durch unsere Gesellschaft verdient. "Wir müssen ihre natürlichen Bedürfnisse endlich in unsere Entscheidungen miteinbeziehen", fordert der Münchner Tierschutz.

Die Kampagne "Tierheime helfen. Helft Tierheimen!" macht deutschlandweit auf die Lage in der Tierheimen und deren Arbeit aufmerksam. Weitere Informationen findest Du auch unter www.tierheime-helfen.de.

Titelfoto: Tierheim München

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