Dritter Weltkrieg, Inflation & Flüchtlinge: Was bedeutet Putins Angriff auf die Ukraine für uns?
Deutschland - Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine herrscht seit Donnerstagmorgen Krieg im Osten Europas. Was bedeutet das ganz konkret für die Menschen in Deutschland?
Inflation: Energiepreise steigen weiter

In allererster Linie dürfte der Krieg zu weiter steigenden Energiepreisen führen. Einen bitteren Vorgeschmack gab es in den vergangenen Wochen und Monaten am Energiemarkt, wo vor allem Gaskunden Rekordrechnungen serviert bekamen.
Bereits die am Mittwoch gestoppte Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 dürfte zur Verteuerung beitragen. Die Frage, die sich viele Menschen stellen, ist: Drosselt oder kappt Russland die Gasversorgung nach Europa und damit nach Deutschland als Reaktion auf die Sanktionen?
Etwa 88 Prozent des benötigten Erdgases importiert die Bundesrepublik aus dem Ausland. Die Abhängigkeit von Russland ist dabei sehr hoch, von dort kommen rund 50 Prozent der Importe. Sollte weniger oder nichts mehr ins Land fließen, gehen Vertreter der Energiewirtschaft und Versorger davon aus, dass der Ausfall ersetzt werden könne. Da das aber noch nie eingetreten sei, bestehe dabei eine gewisse Unsicherheit. Zwar naht das Ende der Heizsaison, doch es ist fraglich, ob die Versorgung auch im Winter 2022/2023 ohne russisches Gas gesichert ist. So oder so dürften die Gaspreise für die Verbraucher deutlich steigen.
An den Zapfsäulen dürfte sich der Krieg in der Ukraine schnell bemerkbar machen. Am Donnerstagmorgen schnellte der Ölpreis auf den höchsten Stand seit 2014. Das für Europa wichtige Öl der Sorte Brent kostete zwischenzeitlich 103,50 Dollar, ein Anstieg von 6,11 Prozent zum Vortag. Das wird weder spurlos an Tankstellen noch an den Heizölpreisen vorbeigehen.
Unternehmen werden die höheren Energiepreise wie bereits in den vorherigen Wochen über Preiserhöhungen an ihre Kunden weitergeben. Mit einem Abflauen der Inflation ist kurzfristig also nicht zu rechnen.
Flüchtlinge: Millionen könnten aus der Ukraine fliehen

Die USA rechnen mit bis zu fünf Millionen vertriebenen Menschen in der Ukraine, sagte Linda Thomas-Greenfield (69), US-amerikanische UN-Botschafterin. Auf diese Fluchtwelle bereitet sich Europa vor.
Was aber in Vergessenheit geriet: Seit Beginn des Konflikts im Osten der Ukraine flüchteten etwa 2 Millionen Menschen aus dem Land. Die meisten bleiben in Polen.
Experten vermuten, dass ein Großteil der möglicherweise neuen Flüchtlinge dort bleiben möchte und aufgenommen werden könnte. Aber auch Russland nahm 2014 etliche geflüchtete Menschen auf.
Droht ein Dritter Weltkrieg?

Der russische Angriffskrieg erschüttert die europäische Nachkriegsordnung schwer. Ähnliche Auswirkungen hatte der Zerfall der Sowjetunion, bei der die Ukraine 1991 unabhängig wurde. Das Machtgefüge in Europa gerät ins Wanken und alte Feindbilder werden recycelt.
Von einem drohenden Dritten Weltkrieg ist derzeit aber nicht auszugehen. Die Ukraine ist kein NATO-Mitglied, es kann also kein Bündnisfall ausgerufen werden. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (62) hat außerdem den Einsatz von Soldaten des Militärbündnisses in der Ukraine ausgeschlossen. Und Wladimir Putin (69) hat keine Ambitionen geäußert, weitere Länder anzugreifen.
Doch in den Staaten des Baltikums, die alle NATO-Mitglieder sind, wächst die Angst vor Russland. Wie weit geht Putin noch, fragen sich daher viele Politiker in der Region.
Sollte es zu keiner friedlichen Lösung des Krieges geben, und danach sieht es aus, droht eine neue Aufrüstungsspirale in Europa und hohe Militärpräsenz an den Außengrenzen.
Schon jetzt gibt es Forderungen, die Bundeswehr besser auszustatten. Auf Deutschland wird der Druck steigen, das NATO-Ziel, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben, einzuhalten. Die Wiedereinführung beziehungsweise ein Ende der Aussetzung der Wehrpflicht steht offiziell nicht zur Diskussion – ist aber im Laufe weiterer Eskalationsschritte denkbar.
Titelfoto: Montage: Philipp Schulze/dpa, Marcus Brandt/dpa, Ulf Mauder/dpa