Geheimdienst-Chef redet Klartext: Warnungen nicht mehr als "Panikmache" abtun

Berlin - Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) geht es nach Einschätzung des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei seinem Angriffskrieg nicht in erster Linie um das Staatsgebiet der Ukraine.

Bruno Kahl (60) ist Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND).
Bruno Kahl (60) ist Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND).  © Fabian Sommer/dpa

Der am 24. Februar begonnene Krieg sei eine "Kriegserklärung" gegen die gesamte westliche demokratische Welt, sagte Behördenchef Bruno Kahl (60) am Montag in Berlin in einer öffentlichen Sitzung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags.

Beide Konfliktparteien suchten nach wie vor die Entscheidung auf dem Schlachtfeld. Er rechne daher mit einer Fortsetzung der Kampfhandlungen bis ins nächste Jahr.

Darauf, dass Putin - wie schon in Tschetschenien, Georgien, Syrien, auf der Krim und im Donbass – auch weiterhin Gewalt anwenden werde, um seine politischen Ziele durchzusetzen, habe der BND immer hingewiesen. Die russische Aggression gegen die Ukraine sei für den Auslandsgeheimdienst daher nicht überraschend gekommen.

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"Was für uns das Ergebnis professioneller nachrichtendienstlicher Arbeit ist, hat weite Teile der deutschen Bevölkerung aufgerüttelt, da es im öffentlichen Diskurs der letzten Jahrzehnte bedauerlicherweise üblich geworden war, reale Bedrohungen immer wieder zu ignorieren und zu verdrängen – und entsprechende Warnungen der Sicherheitsbehörden als Panikmache und Wichtigtuerei abzutun", kritisierte Kahl.

Massiven Bedrohungen auch aus China

Am 17. Oktober kam erneut zu massiven russischen Angriffen auf Kiew. Feuerwehrleute löschen nach dem Beschuss von Gebäuden durch eine Drohne die verursachten Brände.
Am 17. Oktober kam erneut zu massiven russischen Angriffen auf Kiew. Feuerwehrleute löschen nach dem Beschuss von Gebäuden durch eine Drohne die verursachten Brände.  © Efrem Lukatsky/AP/dpa

Ereignisse wie der Ukraine-Krieg zeigten, weshalb Deutschland seine Sicherheitsbehörden brauche. Hier müsse man ansetzen, statt den Bürgerinnen und Bürgern immer wieder unnötig "Angst vor ihren eigenen Sicherheitsbehörden zu machen".

Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang (62), berichtete, seine Behörde habe die Zahl der Mitarbeiter ihrer Spionageabwehr verstärkt sowie diese Abteilung enger mit der Cyberabwehr verzahnt.

Zu den anderen aktuellen massiven Bedrohungen zähle auch "ein zur Globalmacht aufsteigendes autokratisches China", sagte Kahl. Die Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes, Martina Rosenberg (52), sagte, neben russischen Ausspähaktivitäten seien auch nachrichtendienstliche Aktivitäten Chinas gegen die Bundeswehr "seit Jahren auf hohem Niveau".

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Das Geheimdienst-Kontrollgremium tagt normalerweise geheim. Einmal im Jahr findet die Befragung der Chefs der Nachrichtendienste des Bundes öffentlich statt.

Titelfoto: Fabian Sommer/dpa

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