Polen und NATO geben Entwarnung: Kein gezielter Raketen-Angriff auf Polen - Aber was dann?

Warschau - Nach dem Raketeneinschlag im ostpolnischen Dorf Przewodow mit zwei Toten gehen Polen und die NATO nicht von einem gezielten russischen Angriff auf polnisches Territorium aus. Vielmehr vermuten sie einen anderen Grund.

Nach dem Raketeneinschlag in Polen verlangte die Ukraine "sofortigen Zugang" zum Explosionsort. Man sei "bereit, den Beweis für die russische Spur zu übergeben" und fordere "eine gemeinsame Untersuchung des Vorfalls".
Nach dem Raketeneinschlag in Polen verlangte die Ukraine "sofortigen Zugang" zum Explosionsort. Man sei "bereit, den Beweis für die russische Spur zu übergeben" und fordere "eine gemeinsame Untersuchung des Vorfalls".  © -/Polish Police/AP/dpa

Es gebe keine Beweise, dass die Rakete von Russland abgefeuert wurde, verkündete Polens Präsident Andrzej Duda (50) am Mittwoch. "Nichts, absolut nichts, deutet darauf hin, dass es sich um einen absichtlichen Angriff auf Polen handelte. Was passiert ist, nämlich dass eine Rakete auf unser Territorium fiel, war keine vorsätzliche Handlung. Es war keine gezielte Rakete, die auf Polen gerichtet war."

Doch was ist dann passiert? Mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um eine von der Ukraine abgefeuerte Abwehrrakete des sowjetischen Flugabwehrsystems S-300, das im Krieg von beiden Seiten eingesetzt wird. Am Ort der Explosion seien Trümmer eines solchen Flugabwehrgeschosses gefunden worden, so Justizminister Zbigniew Ziobro (52) auf Twitter.

Diese sei mit hoher Wahrscheinlichkeit, so Regierungschef Mateusz Morawiecki (54), infolge eines Abschusses einer russischen Rakete auf das polnische Dorf gefallen. Russland hatte die Ukraine am Dienstag mit einem wahren Raketenhagel übersät.

Und was sagt Russland?

Polens Präsident Andrzej Duda (50) hatte zunächst vermutet, die Rakete stamme "höchstwahrscheinlich" von der ukrainischen Luftabwehr.
Polens Präsident Andrzej Duda (50) hatte zunächst vermutet, die Rakete stamme "höchstwahrscheinlich" von der ukrainischen Luftabwehr.  © dpa/Pawel Supernak

Doch nicht nur in Polen, auch bei der NATO war man am Mittwoch um verbale Abrüstung bemüht. Nach vorläufigen Analysen sei der Vorfall wahrscheinlich durch eine ukrainische Flugabwehrrakete verursacht worden, bestätigte Generalsekretär Jens Stoltenberg (63) die polnischen Aussagen. Es gebe keine Hinweise, dass Russland offensive militärische Aktionen gegen die NATO vorbereite.

Zugleich betonte Stoltenberg aber auch, dass der Vorfall nicht "die Schuld der Ukraine" sei. Russland trage letztendlich die Verantwortung, da es seinen illegalen Krieg gegen die Ukraine weiter fortsetze. In diese Kerbe schlug auch Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne). "Diese Menschen wären nicht ums Leben gekommen, würde es diesen brutalen russischen Angriffskrieg nicht geben."

Und was sagt Russland? Außenamtssprecherin Maria Sacharowa (46) machte sich am Buß- und Bettag auf Telegram über den Raketeneinschlag lustig. Die Ukraine habe immer in die NATO eintreten wollen, nun sei sie mit Gewalt eingedrungen.

Selenskyj hat ganz eigene Theorie

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) will Beweise sehen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) will Beweise sehen.  © Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

Wer überhaupt nicht lachen konnte, war Wolodymyr Selenskyj (44). "Ich denke, dass es eine russische Rakete war – gemäß dem Vertrauen, das ich zu den Berichten der Militärs habe", so der ukrainische Präsident. "Kann man Fakten oder irgendwelche Beweise von den Partnern erhalten?", wollte der 44-Jährige außerdem wissen.

Damit wird klar: Dieses Unglück dürfte alles andere als geklärt sein.

Titelfoto: Bildmontage: -/Polish Police/AP/dpa/Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

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