Russland rückt weiter vor, verhandeln Putin und Selenskyj miteinander? Das geschah heute im Ukraine-Krieg

Kiew - Das russische Verteidigungsministerium spricht am 17. Tag des Krieges in der Ukraine von Angriffen auf "breiter Front". Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) berichtet seinerseits von zigtausenden getöteten russischen Soldaten und bringt zugleich einen Ort für Friedensverhandlungen ins Gespräch. Ein Überblick über die Geschehnisse des Tages.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) schlug am Samstag Jerusalem als möglichen Ort für Verhandlungen mit Wladimir Putin (69) vor.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) schlug am Samstag Jerusalem als möglichen Ort für Verhandlungen mit Wladimir Putin (69) vor.  © Uncredited/Pressebüro des ukrainischen Präsidenten via AP/dpa

Die Bevölkerung von Städten und Dörfern in der Ukraine ist am Samstag erneut unter verstärkten Beschuss der russischen Armee geraten.

Vor allem aus dem Süden wurden heftige Kämpfe gemeldet, aber auch im Osten sowie aus der Umgebung der Hauptstadt Kiew. Das russische Verteidigungsministerium sprach von Angriffen auf "breiter Front".

Selenskyj berichtete hingegen von erheblichen Verlusten der Angreifer und dem "größten Schlag für die russische Armee seit Jahrzehnten". Inzwischen seien 12.000 russische Soldaten getötet worden. Die Verluste in den eigenen Reihen seit Kriegsbeginn gab er mit etwa 1300 Soldaten an. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

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Der 44-Jährige schlug am Samstag Jerusalem als möglichen Ort für Verhandlungen über ein Kriegsende mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin (69) vor.

Sowohl Selenskyj als auch Putin hatten zuletzt wiederholt mit dem israelischen Regierungschef Naftali Bennett (49) telefoniert, der vor einer Woche auch beim Kremlchef in Moskau war.

Hafenstadt Mariupol weiter unter Beschuss

Die prorussischen Separatisten setzten nach Angaben aus Kiew mit ihren Vormarsch in der eingeschlossenen ukrainischen Hafenstadt Mariupol fort.
Die prorussischen Separatisten setzten nach Angaben aus Kiew mit ihren Vormarsch in der eingeschlossenen ukrainischen Hafenstadt Mariupol fort.  © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Keinerlei Erleichterung zeichnete sich für die etwa 400.000 Bewohner der belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten des Landes ab.

Dort stießen prorussische Separatisten mit Unterstützung russischer Truppen in östliche Randbezirke vor, wie die ukrainischen Streitkräfte mitteilten. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium die Einnahme mehrerer Stadtteile gemeldet.

Mariupol wird seit Tagen belagert. Die humanitäre Lage dort ist dramatisch, Zehntausenden Menschen fehlt es an Essen, Wasser und Medikamenten.

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Erneut sei ein Konvoi mit Hilfsgütern und Bussen zur Evakuierung in die Stadt aufgebrochen, sagte die stellvertretende ukrainische Regierungschefin Iryna Wereschtschuk (42). Ob der fünfte Versuch eines Fluchtkorridors gelingen würde, blieb zunächst unklar. Beide Seiten gaben sich gegenseitig die Schuld dafür, dass die Hilfe nicht ankam.

Aus dem Süden schrieb der Gouverneur des Gebiets Mykolajiw: "Die Besatzer haben nachts mit wahllosem, chaotischem Feuer Krankenhäuser und Internate beschossen."

Die Angreifer hätten ihre Taktik geändert und versteckten sich in Dörfern zwischen Zivilgebäuden. Mykolajiw liegt an der Mündung des Südlichen Bugs ins Schwarze Meer. Sollten russische Truppen die Stadt einnehmen oder umgehen, stünde ihnen der Landweg nach Odessa offen.

Nach dem Beschuss eines Wohnviertels in Mariupol steigt Rauch aus einem Wohngebäude auf. Die humanitäre Lage in der Stadt ist weiterhin dramatisch.
Nach dem Beschuss eines Wohnviertels in Mariupol steigt Rauch aus einem Wohngebäude auf. Die humanitäre Lage in der Stadt ist weiterhin dramatisch.  © Evgeniy Maloletka/AP/dpa

Angreifer stoßen im Osten vor, Bemühungen um Flüchtlingskorridore für Kiewer Vorstädte

Ein Friedhof in Wassylkiw: Das russische Militär soll eine Luftwaffenbasis in dem Kiewer Vorort zerstört haben.
Ein Friedhof in Wassylkiw: Das russische Militär soll eine Luftwaffenbasis in dem Kiewer Vorort zerstört haben.  © Vadim Ghirda/AP/dpa

Im Osten des bedrängten Landes soll die umkämpfte Kleinstadt Isjum an der Grenze zum Donezker Gebiet laut ukrainischen Angaben bereits etwa zur Hälfte unter russischer Kontrolle stehen. Die angreifenden Truppen hätten sich im nördlichen Teil der Stadt verschanzt. Eine unabhängige Bestätigung dafür war nicht möglich.

Rund um die eroberte Stadt Wolnowacha im Donbass versuchten die russischen Truppen nach Kiewer Angaben, eine Offensive zu starten. Heftige Kämpfe habe es zudem um die Ortschaft Rubischne im Luhansker Gebiet gegeben. Ebenfalls im Osten der Ukraine nahmen die Angreifer nach russischen Angaben zahlreiche Ortschaften ein.

Nach ukrainischen Militärangaben versuchen russische Soldaten zudem, die nordostukrainische Stadt Tschernihiw aus südwestlicher Richtung zu blockieren. Selenskyj sagte, die Großstadt mit knapp 280.000 Einwohnern sei ohne Wasserversorgung.

Vize-Regierungschefin Wereschtschuk sprach von geplanten Flüchtlingskorridoren für mehrere Orte nordwestlich von Kiew wie Hostomel, Makariw und Borodjanka. Dort hat sich die russische Armee seit Tagen festgesetzt und versucht weiter, die Hauptstadt auch von Westen her zu blockieren. Bemühungen um die Evakuierung von Bewohnern gab es auch weiter im Nordosten der Ukraine.

In der Nähe von Kiew soll nach Darstellung des russischen Verteidigungsministeriums eine Luftwaffenbasis in Wassylkiw und das nachrichtendienstliche Aufklärungszentrum der ukrainischen Streitkräfte in Browary zerstört worden sein.

Die russischen Streitkräfte schienen in ihrem Kampf um die Hauptstadt Kiew vom Nordosten der Ukraine aus Fortschritte zu machen, während Panzer und Artillerie die bereits belagerten Orte beschossen.
Die russischen Streitkräfte schienen in ihrem Kampf um die Hauptstadt Kiew vom Nordosten der Ukraine aus Fortschritte zu machen, während Panzer und Artillerie die bereits belagerten Orte beschossen.  © Vadim Ghirda/AP/dpa

Bundeskanzler Scholz und Macron sprechen mit Wladimir Putin, Internationale Hilfe für Flüchtlinge

Olaf Scholz (63, SPD, r.) und Emmanuel Macron (44) drängen auf eine diplomatische Lösung des Ukraine-Krieges.
Olaf Scholz (63, SPD, r.) und Emmanuel Macron (44) drängen auf eine diplomatische Lösung des Ukraine-Krieges.  © Eric Lalmand/belga/dpa

Bundeskanzler Olaf Scholz (63, SPD) und der französische Präsident Emmanuel Macron (44) forderten Putin zu einem sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine auf.

Außerdem drangen Scholz und Macron auf einen Einstieg in eine diplomatische Lösung des Konflikts, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit (49) mitteilte. Scholz habe am Samstag auch mit Selenskyj gesprochen.

Russland warnte den Westen erneut vor Waffenlieferungen an die Ukraine. Konvois mit Rüstungsgütern könnten von russischen Streitkräften als militärisches Ziel angesehen werden, sagte Vize-Außenminister Sergej Rjabkow (61) im Staatsfernsehen.

Deutschland arbeitet nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne) gemeinsam mit internationalen Partnern an einer Art Luftbrücke für ukrainische Flüchtlinge aus Moldau. Ziel sei es, das Land zu entlasten und die Ankommenden in andere Staaten zu verteilen, sagte die Grünen-Politikerin nach einem Treffen mit ihrem Kollegen Nicu Popescu (40) in der Hauptstadt Chisinau.

Zugleich kündigte Baerbock an, die Bundesregierung werde in einem ersten Schritt 2500 ukrainische Flüchtlinge aus Moldau direkt nach Deutschland holen. Dies habe sie mit Innenministerin Nancy Faeser (51, SPD) vereinbart.

Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne, M.) besuchte am Samstag die moldawische Grenze.
Außenministerin Annalena Baerbock (41, Grüne, M.) besuchte am Samstag die moldawische Grenze.  © Michael Kappeler/dpa

Faeser kündigte derweil an, die Aufnahme der Flüchtlinge aus Moldau in den nächsten Tagen "schnell und unbürokratisch" zu organisieren und umzusetzen.

Titelfoto: Bildmontage: Uncredited/Pressebüro des ukrainischen Präsidenten via AP/dpa, Evgeniy Maloletka/AP/dpa

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