Ukraine-Krieg im Liveticker, Tag 112: Selenskyj nimmt Einladungen zu Gipfeln von Nato und G7 an

Kiew (Ukraine) - Seit inzwischen 112 Tagen führt Russland Krieg gegen die Ukraine. Bahnt sich ein Drama wie in Mariupol an? In Bunkern unter einem Chemiewerk in der Ostukraine sitzen Hunderte Zivilisten fest. Russland will ihnen offenbar die Flucht ermöglichen. Alle aktuellen Entwicklungen gibt es Ihr hier im TAG24-Liveticker.

Das Stahlwerk Asovstal wurde bei der Belagerung von Mariupol fast vollständig zerstört.
Das Stahlwerk Asovstal wurde bei der Belagerung von Mariupol fast vollständig zerstört.  © Uncredited/Russian Defense Ministry/AP/dpa

Die Ukraine hat von ihren ausländischen Partnern erneut moderne Raketenabwehrwaffen angefordert, um russische Angriffe aus der Distanz zurückschlagen zu können. Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) kündigte noch für diese Woche wichtige Gespräche über die Beschaffung solcher Systeme an.

Er sagte nicht, mit wem er sprechen werde - es seien aber nicht nur europäische Politiker. "Wir wiederholen gegenüber unseren Partnern, dass die Ukraine moderne Raketenabwehrwaffen benötigt", sagte er.

In der Ostukraine dauerten die erbitterten Kämpfe um die Großstadt Sjewjerodonezk an. Russland kündigte für Mittwoch die Schaffung eines humanitären Korridors an. Durch diesen sollen sich Zivilisten in Sicherheit bringen können, die im örtlichen Chemiewerk Azot Zuflucht gesucht haben.

Ukraine-Krieg im Liveticker: Deutscher bei Beschuss schwer verletzt
Ukraine Ukraine-Krieg im Liveticker: Deutscher bei Beschuss schwer verletzt

In den Kellern unter dem Werk werden dem Verteidigungsministerium in Moskau zufolge 540 bis 560 Zivilisten vermutet.

Die wichtigsten Geschehnisse des gestrigen Tages könnt Ihr im TAG24-Ticker vom Dienstag nachlesen. Alle Entwicklungen im Zuge des Krieges in der Ukraine am heutigen Mittwoch, 15. Juni, gibt es hier im Liveticker.

Wolodymyr Selenskyj (44), der ukrainische Präsident, wird am G7-Gipfel und am Nato-Gipfel teilnehmen.
Wolodymyr Selenskyj (44), der ukrainische Präsident, wird am G7-Gipfel und am Nato-Gipfel teilnehmen.  © Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

21.40 Uhr: Selenskyj nimmt Einladungen zu Gipfeln von G7 und Nato an

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (44) hat die Einladungen zu den Gipfeln von G7 und Nato angenommen.

Das schrieb Selenskyj am Mittwoch auf Twitter. Die Gruppe sieben führender Industrienationen (G7) wird Ende Juni in Bayern tagen, die Nato direkt danach in Madrid.

19.58 Uhr: Deutschland gibt Ukraine weniger Raketenwerfer als zunächst geplant

Deutschland wird der Ukraine zunächst lediglich drei statt vier Mehrfachraketenwerfer vom Typ Mars II liefern.

"Ich bin damit, mit dieser Abgabe, an die Grenze gegangen, was ich leisten kann, um nicht zu gefährden, dass wir die Landes- und Bündnisverteidigung als Bundeswehr nicht mehr gewährleisten können", erklärte Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (56, SPD) am Mittwoch nach Beratungen der US-geführten Ukraine-Kontaktgruppe in Brüssel.

Lambrecht betonte, dass neben Deutschland auch die USA und Großbritannien der Ukraine Mehrfachraketenwerfer zur Verfügung stellten. Vier lieferten die USA und drei Großbritannien.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (56, SPD).
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht (56, SPD).  © Michael Kappeler/dpa

19.31 Uhr: USA sagen Ukraine weitere Waffenlieferungen zu

Die US-Regierung hat eine weitere Waffenlieferung an die Ukraine im Umfang von einer Milliarde US-Dollar angekündigt.

US-Präsident Joe Biden (79) verkündete die neue Rüstungshilfe am Mittwoch in Washington nach einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Außerdem stellten die USA weitere 225 Millionen US-Dollar (rund 217 Millionen Euro) an humanitärer Unterstützung für das Land bereit, erklärte Biden weiter. Die USA stünden fest an der Seite der Ukraine in ihrem Kampf für die Freiheit.

Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine Ende Februar haben die USA Kiew nach eigenen Angaben bereits Waffen und Ausrüstung im Wert von 4,6 Milliarden Dollar (4,42 Milliarden Euro) zugesagt oder geliefert.

Mit der neuen Zusage steigt die Summe auf 5,6 Milliarden US-Dollar (5,39 Milliarden Euro). Zu den Rüstungsgütern gehören zahlreiche schwere Waffen, zum Beispiel Haubitzen und Mehrfach-Raketenwerfer (letztere sind gebunden an die Zusage der Ukraine, damit keine Ziele in Russland anzugreifen).

17.35 Uhr: Gasliefermengen durch Ostseepipeline Nord Stream 1 werden reduziert

Der russische Energiekonzern Gazprom reduziert die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland erneut.

Von Donnerstagfrüh an werden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt, kündigte Gazprom am Mittwoch an. Erneut begründete das russische Staatsunternehmen diesen Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die "Firma Siemens" - gemeint ist hier allerdings der Energietechnikkonzern Siemens Energy. Deshalb müsse eine weitere Gasverdichtungsanlage abgestellt werden, hieß es in Moskau.

Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion der maximalen Liefermenge auf zunächst bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet. Das entspricht rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen Kubikmeter Gas. Die Bundesnetzagentur wies die Angaben von Gazprom, wonach Verzögerungen bei Reparaturen an einem Gasverdichteraggregat der Grund für die reduzierten Gasliefermengen seien, wenig später zurück.

Von Donnerstagfrüh werden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die leitung von Nord Stream 1 gepumpt.
Von Donnerstagfrüh werden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die leitung von Nord Stream 1 gepumpt.  © Stefan Sauer/dpa

15.58 Uhr: Neues Nato-Paket soll Ukraine beim Abschied von Sowjet-Waffen helfen

Die Nato will der Ukraine noch stärker beim Umstieg auf westliche Waffensysteme helfen.

Generalsekretär Jens Stoltenberg (63) sagte am Mittwoch am Rande eines Verteidigungsministertreffens, er erwarte, dass sich die Alliierten beim Gipfeltreffen Ende Juni in Madrid auf ein umfassendes Unterstützungspaket einigen.

Dieses solle auch den Übergang von Ausrüstung aus der Sowjetzeit zu moderner Nato-Ausrüstung und die Interoperabilität mit dem westlichen Militärbündnis erleichtern.

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (63).
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg (63).  © Olivier Matthys/AP/dpa

15.23 Uhr: Selenskyj wirbt dafür, dass Ukraine EU-Betrittskandidat wird

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat eindringlich dafür geworben, seinem Land den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzuerkennen.

Der 44-Jährige sprach am Mittwoch per Video zu beiden Parlamentskammern in Tschechien, das in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft übernimmt. Der Kandidatenstatus würde unter Beweis stellen, dass Europa eine wirkliche Gemeinschaft sei und die europäischen Werte mehr bedeuteten als nur leere Phrasen, sagte Selenskyj.

Die Ukraine hatte kurz nach Beginn des russischen Angriffskriegs einen Antrag auf Aufnahme in die EU gestellt. Die EU-Staaten beauftragten die EU-Kommission daraufhin, eine Empfehlung abzugeben, ob das Land den Status eines Beitrittskandidaten bekommen sollte. Wie es weitergeht, soll dann auf einem Gipfel am 23. und 24. Juni entschieden werden.

Wolodymyr Selenskyj hat eindringlich dafür geworben, seinem Land den Status als EU-Beitrittskandidat zuzuerkennen.
Wolodymyr Selenskyj hat eindringlich dafür geworben, seinem Land den Status als EU-Beitrittskandidat zuzuerkennen.  © Lino Mirgeler/dpa

13.42 Uhr: Litauen "tief besorgt" über Verbleib von Kremlgegner Nawalny

Nach der Verlegung des inhaftierten russischen Oppositionellen Alexej Nawalny in ein unbekanntes Straflager hat sich das EU-Land Litauen "tief besorgt" gezeigt.

"Wir fordern die Offenlegung von Informationen über den genauen Aufenthaltsort von Alexej Nawalny, seinen Gesundheitszustand und seine schnellstmögliche Freilassung", sagte der Außenminister des baltischen Landes, Gabrielius Landsbergis, am Mittwoch in Vilnius.

Nawalny - einer der bekanntesten Kremlkritiker - war seit Anfang 2021 in einem Straflager rund 100 Kilometer östlich von Moskau inhaftiert. Am Dienstag wurde er Angaben seines Anwalts und seiner Mitarbeiter zufolge verlegt - doch die russischen Behörden gaben keine Informationen darüber, in welches Lager. Nawalnys Team zeigte sich äußerst besorgt um die Sicherheit und die Gesundheit des 46-Jährigen, der vor zwei Jahren nur knapp einen Giftanschlag überlebte.

Auch der Kreml äußerte sich am Mittwoch nicht zum Verbleib des Oppositionsführers. Auf die Frage, ob man die Sorgen von Nawalnys Team teile, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut Agentur Interfax lediglich: "Das teilt man nicht."

Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny (46) wurde im März in einem weiteren umstrittenen Prozess verurteilt - zu nun insgesamt neun Jahren Straflager. Alle Verfahren stehen als politisch motiviert in der Kritik.
Der russische Oppositionspolitiker Alexej Nawalny (46) wurde im März in einem weiteren umstrittenen Prozess verurteilt - zu nun insgesamt neun Jahren Straflager. Alle Verfahren stehen als politisch motiviert in der Kritik.  © Alexander Zemlianichenko/AP/dpa

13.05 Uhr: Kriegsverbrechen werden untersucht

Auf ihrer Reise hat die Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats seit dem 7. Juni Informationen erhalten, die auf Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine hindeuten könnten, sagte der Kommissionsvorsitzende Erik Møse.

Er verwies unter anderem auf Besuche in Butscha und Irpin, wo Menschen der Kommission über willkürliche Tötungen von Zivilisten, Plünderungen und Angriffe auf zivile Infrastruktur, darunter Schulen, berichteten.

Der UN-Menschenrechtsrat in Genf hatte die Kommission im März eingesetzt. Kommissionsmitglied Pablo de Greiff betonte, dass alle Taten untersucht würden, unabhängig davon, von wem sie begangen wurden. Die Kommission will dem Rat im September erstmals berichten.

13.04 Uhr: Experten: Ukrainische Heimkinder angeblich nach Russland gebracht

In von Russland besetzten Gebieten in der Ukraine sollen Kinder aus Heimen verschwunden sein.

Hinweise dazu hat die dreiköpfige Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats bei ihrem Besuch in der Ukraine erhalten, wie sie am Mittwoch in Kiew berichtete. Man müsse Berichten nachgehen, "wonach Kinder, die in Einrichtungen in den vorübergehend besetzten Gebieten untergebracht waren, nach Russland gebracht wurden", sagte Kommissionsmitglied Jasminka Džumhurin.

Sie hätten gehört, dass diese Kinder die russische Staatsbürgerschaft bekämen und Adoptionsprozesse in Gang gesetzt würden. Nach Džumhurins Worten konnte die Kommission die Berichte zunächst nicht selbst prüfen, da sie nicht in die besetzten Gebiete reisen konnte, sie dem aber nachgehen. Um wie viele Kinder es sich handelt, konnte Džumhurin nicht sagen. Sie sprach von einer "bedeutenden Anzahl".

12.58 Uhr: Andauernde Gefechte in Sjewjerodonezk

Der Gouverneur des Luhansker Gebiets, Serhij Hajdaj, sprach in seinem Blog des Nachrichtenkanals Telegram von andauernden Gefechten in Sjewjerodonezk und weiteren Orten der Region.

"Es wird schwieriger, aber unsere Soldaten halten den Feind gleich an drei Seiten auf. Sie schützen Sjewjerodonezk und erlauben keinen Vormarsch nach Lyssytschansk", sagte er. Lyssytschansk, wo es laut Hajdaj viele Verletzte gibt, liegt an einem Fluss gegenüber von Sjewjerodonezk, das bereits zum großen Teil von russischen Truppen kontrolliert wird. Die Brücken zwischen beiden Städten sind zerstört.

Russland hatte die ukrainischen Kämpfer aufgefordert, sich zu ergeben. Das Verteidigungsministerium in Moskau kündigte an, dass das Leben der Kriegsgefangenen in diesem Fall verschont werde. Nach der Eroberung von Mariupol waren Tausende ukrainische Soldaten in Gefangenschaft gekommen. Russland hat nach eigenen Angaben bisher rund 6500 Kämpfer in seiner Gewalt.

Titelfoto: Ukraine Presidency/Planet Pix via ZUMA Press Wire/dpa

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